Thiemendorf

( Ciemnice )
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Aktuelles Kreis Crossen/Oder
mit den drei Städten Crossen Bobersberg Sommerfeld
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Thiemendorf liegt ca.14 km ostsüdöstlich von Crossen.

Von Crossen kommend, fährt man auf der Grünberger Chaussee. Nach 4 km - der Rusdorfer Berg ist erklommen - kommt ein Kreisverkehr. Bitte die 3. Ausfahrt benutzen. Nach 2 km wird Gersdorf (Dąbie) erreicht.
In Gersdorf verläßt man die Grünberger Chaussee - man biegt links in Richtung Tschausdorf ab.Nach weiteren 8 km - vorbei an Tschausdorf - wird Thiemendorf erreicht.

Thiemendorf hatte bei der letzten Volkszählung im Jahre 1939     560 Einwohner   und gehörte zum Amtsbezirk Plau.

Die Höfe und Häuser von Thiemendorf lagen in einer Hügellandschaft, fast von Bergen umgeben. Nur nach Norden und Nordosten, zum Oderwalde hin, fiel die Gemarkung ab. Im Osten und Südosten grenzte sie an die Fluren der schlesischen Nachbarorte Läsgen und Wenig-Lessen. Südlich und westlich lagen die Felder und Wälder der Kreis-Crossener Dörfer Logau, Grunow und Tschausdorf.

  • zur Geschichte des Ortes

Leider ist die Vergangenheit von Thiemendorf geschichtslos, d.h. über den Ursprung des Dorfes liegen keinerlei schriftliche Quellen vor.

In der Klassifikation 1718/19 wird Thiemendorf wie folgt erwähnt:

Das Gut Thiemendorf gehörte den Erben des verstorbenen Georg Abraham von Oppel. Einer der Brüder wohnte in Kursachsen, der andere war Major bei der polnischen Garde zu Pferde.
Im Ort gab es
23 Bauern mit je einer Hufe Land.
21 Gärtner
3 Büdner.
Eine Hufe bewirtschaftete die Ober- und die Untermühle.
Der Acker bestand überwiegend aus Sandland. Angebaut wurde Roggen, Gerste, Hafer, Erbsen, Wicken, Hanf, Leinen und Hirse. 113 Fuder Heu wurden eingebracht. In trockenen Jahren waren Weide und Viehzucht mittelmäßig.
Von 8 Fuder Heu konnten 3 Ochsen, 6 Rinder, 2 Schweine und 2 Gänse gehalten werden. Das Holz musste gekauft werden. Die Fischerei für den Hausbedarf wurde in den Lachen der Oder und den Pfühlen bei den Wiesen betrieben. Etwas Verdienst brachte der Viehverkauf. Im Ort gab es einige Bienenstöcke. Der Krüger verschenkte nur 3300 Liter Bier. Der Küster hatte kein Land.

Im Bratring 1806 steht geschrieben:

Thiemendorf war im Jahre 1806 ein Dorf mit einem Gut - es gehörte dem Major v. Oppeln.
Es hatte 8 Bauern, 15 Halbbauern, 23 Kossäten, 11 Büdner und 17 Einlieger. 1 Schmiede, 2 Wassermühlen und 1 Förster.
Thiemendorf hatte 1806:  69 Feuerstellen u. 388 Einwohner.



In der “Topografischen Übersicht des Reg.Bez. Frankfurt/Oder” aus dem Jahre 1844 erscheint:
  • Thiemendorf war ein Dorf mit Rittergut: es gehörte dem Major a.D. Baron v. Troschke in Quedlinburg und dem Hauptmann a.D. v. Oppell in Crossen.
    Thiemendorf hatte 86 Wohngebäude und 483 Einwohner.
Für das Jahr 1852 werden genannt:
   • Thiemendorf war ein Dorf mit Rittergut. Es hatte 543 Einwohner

Im Riehl und Scheu "Berlin und die Mark Brandenburg …" von 1861 wird geschrieben:
  • Thiemendorf war ein Dorf mit Gut des Major a.D. Baron v. Troschke in Quedlinburg und v. Brand. Es hatte 87 Wohngebäude und 552 Einwohner.

  • Die Kirche in Thiemendorf

Altar
      Thiemendorf - Altar der Kirche
Das äußerlich wohl anspruchsloseste Gotteshaus des Kreises Crossen stand in Thiemendorf Es war ein schlichter Fachwerkbau, dessen aus dem Anfang des 17. Jahrhunderts stammende Umfassungswände nur zu einem Teil in jüngerer Zeit massiv nachgezogen waren. Aus Fachwerk bestanden auch die angebaute Sakristei und zwei kleine Vorhallen vor den Eingängen.
Die Kirche, die auf einer kleinen Anhöhe, dem Kirchberg, stand, wurde als Holzfachwerkbau 1610 errichtet. Der Rittergutsbesitzer und Patron sorgte damals für das Material. Die Einwohner mußten kräftig Hand- und Spanndienste leisten.
Nach der Überlieferung erwarb der Patron, ein Rittmeister, das Bauholz beim Abbruch eines Beutnitzer Reitstalles. Die Thiemendorfer des frühen 17. Jahrhunderts gewannen es also durch Abbruch in dem Dorf im Nordkreis, schafften es im Winter bei Rädnitz über die zugefrorene Oder und zimmerten daraus ihr Gotteshaus.
Sie versahen es auch mit einem größeren Glockenturm. Dieser stürzte aber im November 1820 bei einem Orkan ein. Man baute ihn nicht mehr in alter Form auf, sondern errichtete einige Meter von der Kirche entfernt lediglich ein Glockenhäuschen, das noch heute steht. Die Glocken erlitten Schäden bei dem Sturm, eine mußte damals ausgewechselt werden. Um das Gotteshaus herum begruben die deutschen Thiemendorfer lange Zeit ihre Toten.

Die Dächer der Kirche und der Anbauten waren mit Schindeln gedeckt. Ein turmartiger Dachaufbau war bereits um 1820 wegen Baufälligkeit entfernt worden.
Die Glocken hingen in einem besonderen Holzbau neben der Kirche. Auch im Innern war die Kirche mit flacher Decke und Backsteinfußboden ganz einfach gehalten. Bemerkenswert war der Altar, der reiches Barockschnitzwerk zeigte.

Die Kirche wurde von den nach unserer Vertreibung neu angesiedelten Polen umgebaut. Die beiden Eingänge vorn an der Längswand sind zugemauert. Nur eine kleine Tür, die in die Sakristei führt, ist noch da. Den Haupteingang verlegten die Polen an die Giebelseite zum Glockenhaus hin.
Die Kirche erhielt einen wetterfesten weißen Anstrich. Auch vor ihrer Längswand, wo einst die Eingänge waren, steht ein mit Girlanden umwundenes hohes Kreuz.
Der Baumbestand des alten Friedhofes ist weitgehend erhalten. Die Grabsteine jedoch sind zu Treppenstufen, über die man den Berg hinauf geht, verarbeitet worden.

  •     F r i t z e                 Pastor Friedrich Wagner aus Thiemendorf

Fritze
* 15. Juli 1863 in Berlin
† 9. Jan.  1925 in Thiemendorf

Neben unserem im gesamten deutschsprachigen Raum - und darüber hinaus - bekannten Dichter und Schriftsteller Klahund, einem echten Crossener Sohn, gab es auch örtlich kreisbekannte Persönlichkeiten mit schriftstellerischen und dichterlichen Ambitionen. Dazu gehörte der 1925 verstorbene Pfarrer Friedrich Wagner aus Thiemendorf. Neben seiner amtsbezogenen Tätigkeit in seiner Kirchengemeinde können wir ihn heute als »freien Mitarbeiter« des damaligen Crossener Tageblattes bezeichnen.
Er war sozusagen der »Hausdichter« des »Crossener Tageblattes«. Seine Beiträge im Tageblatt und Kreiskalender wurden unter „Fritze“ veröffentlicht. Herr Rudolf Zeidler hat in einem Kreiskalender »Eine kleine Gedichtsammlung von Fritze« veröffentlicht. Die breite Palette seiner meist kritischen Bewertungen staatlicher, politischer, wirtschaftlicher und finanztechnischer Vorgänge von damals und auch mancher kleinerer in Crossener Landen vorkommender Ereignisse zeigten uns Friedrich Wagner als einen aufgeschlossenen, mit Geist und Witz ausgestatteten Menschen.
Durch die Zeitung war er allmählich so bekannt geworden. dass er sogar aufgefordert wurde. zu allerhand Familienfestlichkeiten wildfremder Leute Gedichte zu verfassen. Er kam diesen Wünschen immer gern nach, und er verstand es, trotz der vielen Aufträge, jedem seiner Gedichte eine eigene originelle Note zu geben.


  • Thiemendorf - es gab einst 3 Güter - das letzte und größte Gut verschwand um 1930

Es ist heute sehr schwierig, die Höfe der einzelnen gewesenen Güter zu lokalisieren. Da fand man erstens eine Ackerfläche namens Mittelhof, die zuletzt den Vollbauern Paul Schober (Torsaule Dullin) und Berta Stein (Torsaule Schei) gehörte. Da führte im Oberdorf der Halbbauer Gustav Schulz die Torsaule Hauptmann, die daran erinnerte, daß einmal ein Offizier dieses Dienstgrades ein Gütchen für kriegerische Verdienste erhalten hatte. Und da wußten sich schließlich alle erwachsenen Einwohner von 1945 daran zu erinnern, daß das Rittergut Thiemendorf erst um 1930 verschwunden war.

Dies wechselte vom 19. Jahrhundert ab sehr oft den Besitzer, weil es wohl schwierig war, es rentabel zu bewirtschaften. Sein Tod begann 1926 mit dem Verkauf von 200 Morgen in kleinen Stücken an örtliche Häusler. Auch ein Kahlschlag der besten Waldstücke reichte nicht zur Sanierung. So standen 1928 die verbliebenen 600 Morgen Acker und Wiese sowie die 400 Morgen Restwald und Kahlschlag zum Verkauf an. Da sich ein Gesamtkäufer nicht fand, nutzten Thiemendorfer Bauern die Gelegenheit zur Vergrößerung ihrer Betriebe. Außerdem erwarb ein Wenig-Lessener 20 bis 25 Morgen, entstand eine Siedlerstelle und bekamen auch die Inhaber von sechs im Gutsgelände befindlichen oder neu ausgebauten Wohnungen jeder ein kleines Eigentum.

Es erhob sich damals die Frage, was mit dem einstigen Gutsbesitzer-Wohnhaus werden sollte. Dies kaufte schließlich ein Pensionär, dem dieser Besitz aber über den Kopf wuchs und der wohl ganz glücklich war, endlich den Staat als Pächter zu gewinnen. Das Gebäude wurde dann als Maidenlager für den weiblichen Arbeitsdienst genutzt.

Wen die Zahl der entstandenen Parzellen interessiert, der zähle die Männer auf dem Foto. Zwei muß er allerdings abziehen. Es sind dies vorn in der Mitte Gartenbauoberinspektor Dickopp von der Crossener Landwirtschaftsschule und links von ihm Baumschulenbesitzer Welke, gleichfalls aus der Kreisstadt.
Die Redaktion hat ihrer 30 gezählt.



  • Thiemendorf - die Schule

Die Ex-Thiemendorfer von heute sind in ihrer Schulzeit von zwei Lehrer-Persönlichkeiten geprägt worden. Die Älteren von Kurt Nerreter. der um 1920 aus der Provinz Posen in die Gemeinde kam und etwa 1929 nach Cottbus versetzt wurde, die 1920 und später Geborenen von Franz Specht, einem Berliner, der Nerreter folgte und die 1. Lehrerstelle bis 1945 inne hatte.
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      Thiemendorf - Kinderfest in den 1920er Jahren
Die Thiemendorfer Schule umfaßte zwei Klassenräume. In der zweiten Klasse saßen die jüngeren, in der ersten die älteren Jahrgänge. Hauptlehrer und Kantor war in den1930er Jahren Franz Specht. In der unteren Klasse wirkte ein zweiter Lehrer. Dieser, meist jung an Jahren, wechselte oft. Ich kann mich deshalb nur noch an den Namen Hans Brandt erinnern. Der letzte Zweitlehrer, den ich kennenlernte, zeigte sich jedenfalls sehr fröhlich und umgänglich.

Zeitweilig fehlte ein zweiter Lehrer. Herr Specht hatte dann in zwei Klassenzimmern gleichzeitig zu unterrichten. Ab und zu wurde dann von den größeren Schülern einer in den zweiten Klassenraum geschickt. Es gab aber keine Probleme. Die „Kleinen“ waren alle nett und lieb.

Wie damals üblich hatten wir einen Schulgarten, der freilich etwas abseits Richtung Bahnhof lag. Auf diesem mit Maschendraht umzäunten Grundstück bekamen wir Beete zugeteilt. Der Lehrer beriet uns beim Säen, Pflanzen, Pflegen und Ernten.

Ein Zeugnis gab es nur ein einziges Mal - dann, wenn man die Schule verließ. Ich habe meins noch im Original. Am Tag der Zeugnisverteilung brachte jedes Kind dem Lehrer ein Ei mit. Ein einziges, nicht mehr, egal wie viel Hühner die einzelne Familie besaß. Das war wohl noch eine Überlieferung aus der Zeit, da man Pfarrer und Lehrer noch mit Naturalien bezahlte.

Mit dem Unterrichten der schulppfichtigen Kinder waren die Aufgaben eines Dorflehrers noch lange nicht erfüllt. Er mußte viel mehr auch in fast jedem Jahr ein Kinderfest organisieren sowie für die Schulentlassenen Fortbildungsunterricht erteilen. Als Kantor hatte er die Orgel zu spielen, Lesegottesdienste abzuhalten und Konfirmandenunterricht zu geben, wenn ein Pastor für die Gemeinde fehlte, an jedem Begräbnis teilzunehmen und dabei mit den Vorkonfirmanden zu singen.

ausgearbeitet von Marcus Schramm


  • Wein und Spargel

Wie die Crossener so hatten auch die Thiemendorfer früher ihre Weinberge.   Um 1900 war der Weinbau in Thiemendorf sogar stark vertreten.
Zu Beginn des l. Weltkrieges gab es dort nachweislich zwölf Weingärten. Dann kam die Weinbergsarbeit zum Erliegen. Immer mehr Rebstöcke verwilderten und wurden in den frühen 1920er Jahren gerodet.

Der Ort auf den Höhen südlich der Oder an der schlesischen Grenze bot in doppelter Hinsicht gute Voraussetzungen für den Weinbau: Erstens den feuchten, leichten, lehmigen Sandboden seiner bergigen Flur, zweitens die Nähe der Stadt Grünberg mit ihren Weinkeltereien. Die Thiemendorfer produzierten also keinen Crossener, sondern Grünberger Wein. Nach dem l. Weltkrieg probierten die Thiemendorfer – anstatt des Weins - auf den frei gewordenen Flächen alle möglichen Nutzungsarten aus. Der Gewinn blieb jedoch gering.

Mitte der 1920er Jahre versuchten einzelne Bauern es mit dem Spargelanbau. Der Spargel gedieh musterhaft. Inserate kamen in die Zeitungen. Die ersten Aufträge gingen ein. Der Spargelversand ab Bahnstation Thiemendorf begann und nahm von Jahr zu Jahr zu. Es wurden nicht nur Stechspargel verkauft, sondern auch Spargelpflanzen. Die Spargelflächen in Thiemendorf wuchsen über die Hektargröße hinaus. Die Nachfrage nach frischem Stechspargel stieg um 1930 erheblich an. Unsere Hauptabsatzgebiete waren die Städte Crossen und Guben.

Die Thiemendorfer Spargelanbauer hatten keine Sorgen mit dem Absatz. In der Erntezeit kamen frühmorgens die Eier- und Butterhändler vor allem aus Guben und kauften den Stechspargel auf. Mittags fuhren sie, oft mit mehreren Zentnern Gepäck, zurück in ihre Geschäfts- und Wohnorte. Die Spargelfelder nahmen an Umfang zu, bis der 2. Weltkrieg und die Ablieferungspflicht die Entwicklung stoppten.

Leider haben die nach 1945 neu angesiedelten Polen die verbliebenen Spargelbeete umgepflügt, ohne zunächst zu wissen, welche Kulturen sie zerstörten. Es hieß, sie hätten sich später, klüger geworden, darüber geärgert. Doch das ändert nichts daran: Der Thiemendorfer Spargelanbau ist hin.


  • Thiemendorf - Infrastruktur

Von den landwirtschaftlichen Betrieben des Ortes waren in den letzten Jahren der deutschen Zeit je ein Fünftel größere und mittlere Betriebe. Den großen Rest machten kleine und kleinste Wirtschaften aus.

Da die meisten Ernährer der um 620 deutschen Einwohner nur wenig Grundbesitz hatten, mußten sie überwiegend Frauen, Kindern und Eltern die Landbestellung überlassen und selbst anderweitig Geld verdienen. Arbeit für sie gab es auch genug, z. B. beim Buhnenbau an der Oder, als Schrankenwärter oder Streckenarbeiter der Bahn, als Steinsetzer beim Straßenbau oder auch als Handwerker und Handlanger auf Hochbaustellen.

Thiemendorf beherbergte also in den 1920er und 1930er Jahren eine beachtliche Zahl - wie man heute sagen würde - „Pendler“. Darüber hinaus wurde im Winter durch Stubbengraben für den eigenen Bedarf Holz gemacht, und manch einer verdingte sich bei Stadtförster Streese in Tschausdorf zum Holzfällen und Holzaufarbeiten.

Natürlich hatte die mittelgroße Ortschaft mit Kirche, Pfarrer, Schule und zwei Lehrern auch einiges Gewerbe. So zählte man eine Mahlmühle (Obermühle), eine Ölmühle mit kleinem Sägewerk (Untermühle), zwei Gastwirtschaften mit Fleischerei, einen Viehhandel, eine Schmiede, zwei Gemischtwarengeschäfte, von denen eins die Bäckerei mit dabei hatte, und eine Dampfmolkerei. Die Aufgaben der Post wurden in einer der Gastwirtschaften wahrgenommen.

Für Thiemendorf liegen weder ein Ortsplan noch ein Einwohnerverzeichnis vor. Dem Webmaster stand deshalb für Thiemendorf nur noch das nebenstehende "Einwohnerbuch des Kreises Crossen/Oder - Ausgabe 1926" zur Verfügung.

Hatten die Thiemendorfer einmal so etwas wie Freizeit, so nutzten sie diese oft, um ihre Speisekarte zu verbessern. In den Wäldern wuchsen reichlich Pilze: Steinpilze, Pfifferlinge und im Herbst die Grünlinge, die mit Hirse und natürlich viel Fleisch ein schmackhaftes Essen ergaben.

zur Post
      Gasthof zur Post
Laden
      Kolonialwarenhandlung
Schloß
      Schloß - es wurde eine Maiden-Unterkunft

Ab und zu gingen die Männer auch Richtung Oderwald, um verbotenerweise zum Eigenverbrauch, nicht zum Verkauf im Hauptgraben, im Kanal, in der Alten Oder, im Teufelssee oder in einer der vielen Lachen Fische zu fangen. Das Recht dazu hatten zwar nur die Crossener Fischer, aber die besaßen wohl anderwärts reichere Fanggründe. Sie kamen nur selten die 10 km stromauf in den Oderwald. Und die Thiemendorfer dürften bei derlei Beschäftigungen ihre Heimat kennen und lieben gelernt haben, so daß sie sich - soweit noch auf dieser Erde - auch heute noch genau daran erinnern.

Heute fehlen im Ort eine ganze Anzahl von Gehöften. Einige Ställe wurden als Wohnungen ausgebaut. Verschwunden sind die Obermühle von Richard Matzke und die Untermühle (Ölmühle) einschließlich Sägewerk von Schulz-Salzmann. Willi Schulz stammte aus Thiemendorf. Er hat 1931 die Motormühle mit Grundstück in Tschausdorf von Familie Schmidt erworben. Später wurde die Untermühle durch seine Tochter Hannchen übernommen, die einen Herrn Salzmann geheiratet hatte.
Familie Schmidt besaß die Windmühle in Tschausdorf, welche in Richtung Plau stand. Diese wurde ca. 1922 abgetragen. Weil es nicht immer so viel Wind gab, haben sie die Mühle aufgegeben und eine Motormühle gebaut.

Das Helenenwerk-Wohnhaus und die Dampfmolkerei am Bahnhof existieren nicht mehr. Die Teiche beider Mühlen wuchsen völlig zu. Das Wasser fließt jetzt ohne Stau dem Oderwald entgegen.
aufgeschrieben von Oskar Höhne


  • Thiemendorf - im Jahre 1945

In der ersten Februarhälfte 1945 verlief die Front von der Neißemündung bis weit nach Schlesien hinein entlang der Oder. Die Gebiete nördlich der mittleren Oder waren schon durch die russischen Truppen besetzt, so daß die Dörfer zwischen Crossen und Grünberg noch in der Hand der deutschen Wehrmacht waren. Um die Monatswende Januar/Februar 1945 begann die Evakuierung unseres nun dicht an der Front liegenden Heimatdorfes.

Diese Evakuierung von Thiemendorf, soweit noch in Wehrmachts-Hand, begann am 30. Januar 1945. Die ersten organisierten Bahntransporte brachten auch aus Thiemendorf Frauen, Kinder und alte Leute in das südliche Randgebiet von Berlin. Die hier provisorisch Untergebrachten machten sich zum größten Teil gleich nach Kriegsende zu Fuß mit Kinderwagen und Handkarren auf den Weg in die Heimat und kamen tatsächlich dort an.
Eine weitere Gruppe verließ mit der Bahn am 1. Februar 1945 das Dorf und kam am 4. Februar in dem Werra-Städtchen Wasungen nördlich von Meiningen an. Nur Handgepäck konnten alle in die Güterwagen mitnehmen. Bei klirrendem Frost rollte der Zug über Crossen und Guben nach Westen.
Nach der deutschen Kapitulation versuchten die meisten von ihnen, in die Heimat zurückzukehren. Doch dieses Unternehmen endete bereits auf dem Bahnhof in Erfurt. Die Behörden schickten die Ostbrandenburger wieder ins obere Werratal zurück.
Es machten sich auch mehrere Familien mit ihren Gespannen auf den Weg nach Westen.
Viele Südostbrandenburger und Niederschlesier verzichteten jedoch auf die Evakuierung. Sie wollten in ihren Häusern bleiben und das Kriegsende abwarten. Das taten sie auch, als um den 12. Februar der Lageentwicklung wegen die Räumung der Ortschaften förmlich angeordnet wurde. Zurück blieben aber nur überwiegend alte Leute. Als in der Nacht zum 12. Februar die Wehrmachteinheiten abzogen, die an der Oder gesichert hatten, waren nur noch 31 Personen in Thiemendorf.

Am 15. Februar in den Mittagsstunden erreichten die ersten Russen Thiemendorf. In diesen Tagen wurde auch Crossen besetzt und in den folgenden Tagen die Altstadt links der Oder Straße für Straße niedergebrannt.
In der Folgezeit hatten die zurückgebliebenen Deutschen unter vielen Plünderungen und Vergewaltigungen durch die Soldateska zu leiden, wie sie aus allen damals besetzten Gebieten bekannt sind. Hier und da gab es jedoch auch Offiziere und Dienststellen, die sich bemühten, derartige Ausschreitungen zu verhindern oder zumindest einzuschränken.
Um den 3. und 4. März zündeten die Russen auch in Thiemendorf sechs Gehöfte an. Bis ein russischer Kommandant Mitte März die Verantwortung übernahm, waren die zurückgebliebenen Einwohner ihres Lebens nicht sicher.

Nachdem sich Mitte März die Lage etwas beruhigt hatte, durften wir das Dorf nicht mehr verlassen. Es begann der „Osttrieb“. Nun kamen viele Deutsche nach Thiemendorf. Vor allem kamen jedoch täglich Landsleute aus dem Gebiet zwischen Neiße und Bober an. Aus diesem vertrieb die Rote Armee alle Zivilisten, um es ausschließlich militärisch zu nutzen, solange die Front entlang der Neiße verlief. Das war bis zum Beginn der letzten Offensive in der zweiten April-Hälfte der Fall. Dadurch waren zeitweilig über 800 Menschen im Dorf. Außerdem gab es viel Vieh, das die Evakuierten und Geflüchteten zurückgelassen halten.
Da die Frontlinie von Ende Februar bis zum 19. April 1945 an der Lausitzer Neiße und weiter nördlich an der Oder verlief, setzten die Besatzungsstreitkräfte die zurückgebliebenen Deutschen zu Befestigungsarbeiten ein. An verschiedenen Stellen ließen sie Frauen und junge Mädchen - arbeitsfähige Männer gab es ja so gut wie nicht - Feldflugplätze planieren und Erdbunker ausheben.
Eine derartige Feldflugplatzbaustelle lag zwischen den Dörfern Plau und Grunow im Kreis Crossen unmittelbar nördlich der Reichsstraße 5. Dort mußten Frauen aus Plau, Grunow, Logau, Groß-Lessen, Wenig-Lessen und Treppeln ab der zweiten Februarhälfte arbeiten. Der Feldflugplatz wurde aber nie fertig und genutzt. An einem der Arbeitstage wurden die Frauen und Mädchen gezwungen, eine größere Grube, ein Massengrab, auszuheben. Ein russisches Exekutionskommando erschoss eine Gruppe von etwa 12 deutschen Männern. Die Frauen und Mädchen mußten die Leichen in die Grube zerren und diese zuschaufeln.

Ab Ende Mai bekam Thiemendorf einen polnischen Bürgermeister. Da wurde uns klar, dass Thiemendorf polnisch werden sollte, aber an eine Vertreibung aller Einwohner für immer hatte keiner gedacht.
Am 24. Juni 1945 kamen Soldaten der polnischen Miliz in unser Dorf. Es begann die Vertreibung der Einwohner. Binnen weniger Stunden mußten alle Thiemendorfer wiederum zu Fuß, zum kleinen Teil mit Gespannen, ihre Heimat verlassen. Über Feld- und Waldwege trieben die Polen sie an die Neiße. Dort kamen die Pferde in eine vorbereitete Koppel, die Wagen blieben stehen. Nur mit einem ganz kleinen Rest ihrer Habe durften die Menschen auf einem provisorischen Steg den neu zur Grenze gemachten Fluß passieren.
  Änd 23.09.2018
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