Rädnitz

(Radnica)
 Titelbild

Aktuelles Kreis Crossen/Oder
mit den drei Städten Crossen Bobersberg Sommerfeld
    - - - - - - - - - - - Dörfer Heimatstube Heimatblatt Literatur Fam-Forschung Kontakt Impressum



Beutnitz
Beutnitz

Rädnitz liegt ca.8 km östlich von Crossen.

Vom Ausgangspunkt "Verkehrskreisel" (am Ende der Bismarckstr.) fährt man in Richtung Züllichau und Schwiebus.
Nach 8 km ist Rädnitz erreicht.

Rädnitz hatte bei der letzten Volkszählung im Jahre 1939     1436 Einwohner   und gehörte zum Amtsbezirk Kähmen, zu dem auch Hundsbelle und Goskar gehörten.

Rädnitz war das größte Dorf im Kreis Crossen/Oder.



  • zur Geschichte des Ortes

Für Rädnitz fehlen sämtliche Dokumente aus dem Mittelalter. Das älteste Kirchenbuch beginnt erst mit dem Jahre 1766. Bis 1810 war noch das Kirchenbuch von 1740-1765 da. Dann ist es auch verschwunden, ohne dass in beiden Fällen ein Brand die Ursache gewesen wäre.

Wer noch weiter in die Vergangenheit zurück will, ist auf Vermutungen angewiesen. Und so viel lässt sich allerdings mit einiger Sicherheit vermuten, dass Rädnitz schon in slawischer Zeit, also ums Jahr 600 bestanden haben soll und von seinen slawischen Gründern seinen Namen erhalten haben muss.

Um 1100 zogen mit den deutschen Kolonisten auch das Christentum in diese Gegend ein. Rädnitz muss schon ums Jahr 1200 eine eigene Kirche besessen habe.
Urkunden im Berliner Staatsarchiv erwähnen Rädnitz zum ersten Mal 1435 sowie um 1525 einen ortsansässigen Ritter Mostich.
Erst Anfang des 18. Jahrhunderts beginnt sich das Dunkel über Rädnitz ein wenig zu lichten.



In der Klassifikation 1718/19 wird Rädnitz wie folgt erwähnt:

Das Königliche Amt in Crossen war der Besitzer des Gutes in Rädnitz.
Im Ort gab es:
  • 34 Bauern,     14 Gärtner      und      15 Büdner.

  • (nebenstehend alle namentlich erwähnt)

    Auf einem Drittel wüster Hufe stand das Pfarrhaus, dem zwei Drittel wüster Hufe zugelegt wurden. Die Gärtner und Büdner hatten noch Land vom Königlichen Forstamt zugemietet. Eine Hufe war der Mühle zugeteilt und eine Drittel Hufe dem Schmied.

    Der Acker bestand zum Teil aus Sandland, war rein und konnte alle Jahre bestellt werden. Angebaut wurden Weizen, Roggen, Gerste, Hafer, Erbsen, Wicken, Hirse, Leinen und Hanf. Der Heugewinn aller Bauern betrug 115 Fuder und der Gärtner 24,

    Auf einer Bauernhufe konnten 2 Pferde, 2 Ochsen, 5 Rinder, 4 Schweine und 4 Gänse gehalten werden. Raff- und Lagerholz stand zur Genüge zur Verfügung.
    Im Ort gab es einige Zeidler, die Zins entrichten mussten. Die Fischerei war war von allen Bewohnern für 12 Groschen (etwa 1,50 RM der Währung von 1926) gepachtet worden.
    Es gab noch zwei Hausweiber im Dorf, die Garn zu spinnen hatten. Der Dorfschulze war auch der Krüger, und er verschänkte in jeder Woche etwa 200 Liter Krossener Bier. Der Küster des Ortes war ohne Land.

    Im Bratring 1806 steht geschrieben:

    Rädnitz bestand im Jahre 1806 aus drei Bestandteilen:

  • das Dorf: 1 Lehnschulze, 2 Lehnmännern, 31 Bauern, 14 Kossäten, 21 Büdner und 15 Einlieger. Dazu 1 Schmiede und 1 Wassermühle.
  • Rädnitz hatte 1806:  79 Feuerstellen  und   426 Einwohner.

  • Groß Rädnitz: ein Vorwerk; 1/2 Meile von Rädnitz; mit einer Schäferei. 3 Häuser mit 13 Einwohnern
  • Klein Rädnitz: ein Vorwerk nahe dem Dorf Rädnitz; an der Oder gelegen. 2 Häuser mit 19 Einwohnern


  • In der “Topografischen Übersicht des Reg.Bez. Frankfurt/Oder” aus dem Jahre 1844 erscheint:

     ♦  Rädnitz war ein Dorf mit 1 Wassermühle; zum Rentenamt Crossen gehörig.
         Es hatte 93 Wohngebäude und 705 Einwohner
     ♦  Groß Rädnitz: ein Vorwerk mit 7 Wohngebäude und 84 Einwohner
     ♦  Klein Rädnitz: ein Vorwerk mit 4 Wohngebäude und 54 Einwohner

    Ausschnitt aus der Kreiskarte
          Ausschnitt aus der Kreiskarte

    Doppl.Klick für Großformat
             Rädnitz - Rotmühle
    Für das Jahr 1852 werden genannt:
     ♦  Rädnitz hat 767 Einwohner = war ein Dorf zum Rentenamt Crossen.
     ♦  Groß Rädnitz: ein Vorwerk mit 51 Einwohner
     ♦  Klein Rädnitz: ein Vorwerk mit 50 Einwohner

    Im Riehl und Scheu "Berlin und die Mark Brandenburg …" von 1861 wird geschrieben:
     ♦  Rädnitz hatte eine zweiklassige Schule. 100 Häuser 795 Einwohner.
    Hierzu gehören:
     ♦ Groß Rädnitz, Vorwerk 3 Häuser 50 Einwohner.
     ♦ Klein Rädnitz, Besitzer Lemke 4 Häuser 45 Einwohner.
     ♦ Alte Försterei 1 Haus 26 Einwohner.
     ♦ Holzwärterei 1 Haus 4 Einwohner.

    Außerdem die von dem Fluß Griesel betriebene Mühle, Besitzer ist Blume, wurde 1855 nach englischer Weise erbaut.
    Die Dampfschneidemühle: Besitzer sind Dame aus Bielow und Holländer aus Crossen.
    Starker Kohlbau und starker Holztransport.

    Um 1900 waren die Einwohnerzahl auf über 1100, und kurz vor dem 2. Weltkriege ist sie durch die Erweiterung der Glashütte auf über 1500 gestiegen.

    Der Ort soll im 30-jährigen Krieg bis auf sieben Menschen ausgestorben sein.


    • Die Kirche in Rädnitz

    Doppl.Klick für Großformat
             Kirche innen
    Doppl.Klick für Großformat
             Kirche außen
    Über die alten Kirchen, die vor der jetzigen in der Gemeinde Rädnitz bestanden, berichtet die Überlieferung nur sehr spärlich.

    Nach den Aufzeichnungen, die der Propst Johann Gottfried zur Linde an der Crossener St.Andreas-Bergkirche im Jahre 1741 zusammengestellt hat, muß das Dorf Rädnitz aber bereits um das Jahr 1200 ein Gotteshaus besessen haben, denn es heißt in dieser Schrift, dass die heilige Hedwig, die Gemahlin des schlesischen Herzogs Heinrich des Bärtigen, dem Stifte St. Andreas in Crossen »neun Dörfer, darinnen noch zwei Kirchen in Lochwitz und Rädnitz« zuteilte.

    Diese alte Rädnitzer Kirche war früher ein Filial der Bergkirche vor Crossen. Vermutlich wurde die darin genannte Rädnitzer Kirche, die jedenfalls auch die erste war, dann ein Opfer des Dreißigjährigen Krieges, als im Jahre 1634 österreichische, brandenburgische und schwedische Kriegsvölker das Crossener Land verwüsteten.

    Das zweite Gotteshaus erstand wahrscheinlich in den ersten Jahren nach dem Westfälischen Frieden. Da es aber nur aus Fachwerk erbaut war, vermochte es den Stürmen der Zeit nicht allzuviel Trotz zu bieten, und die Regierung in Frankfurt (Oder), die das Patronat über die Kirchengemeinde Rädnitz innehatte, erwog deshalb im Jahre 1824 ernstlich den Plan eines Neubaues. Es vergingen jedoch noch einige Jahre, bis dieser ausgeführt wurde. Es sollte eine massive Kirche werden. Glücklicherweise wurde das der Regierung zu teuer, und so blieb Rädnitz vor dem Schicksal so mancher Landgemeinde bewahrt.

    Die Wirren der Reformation gingen auch an Rädnitz nicht vorbei. In Crossen wurde erst 1538 das evangelische Christentum gepredigt. Nach alten Aufzeichnungen amtierte um das Jahr 1595 der erste evangelische Pfarrer an der Rädnitzer Kirche. Im Jahre 1839 erhielt die Gemeinde durch Aufhebung der Probstei an der St.Andreas-Bergkirche zu Crossen, der sie bislang unterstellt war, eine selbständige Verwaltung.
    In den weiteren Jahren ihres Bestehens wirkten acht Pfarrer an der neuen Kirche. Der erste, Pastor Vogelsang, trat im Jahre 1826 sein Amt an. Infolge eines hartnäckigen Leidens, das er sich in den Befreiungskriegen zugezogen hatte, starb er bald. Der letzte evangelische Pfarrer war Ernst Sartorius.

    Die neue Kirche wurde also eine schlichte, aber um ihres dörflichen Charakter willen um so reizvollere Fachwerkkirche.

    Gleich nach Pfingsten 1827 wurde die alte Kirche abgerissen. Der Gottesdienst wurde während des Bauens bei schönem Wetter auf dem Hofe der Pfarre gehalten. Bei schlechtem Wetter zog die kleine Gemeinde in die große Stube des Pfarrhauses und später in die Schulstube.
    Eingeweiht wurde die Kirche am 4. Advent 1827 durch den Probst Wendt.

    Diese Kirche war vorerst nur mittelmäßig ausgestattet. Kanzel, Taufe und Orgel waren in einfachsten Formen gehalten.
    Die Orgel müsste 1828 oder 1829 erbaut sein; 1913 hat sie einer neuen Orgel Platz gemacht.
    Der Gutsbesitzer Lemke von Klein-Rädnitz stiftete 1831 das gusseiserne Kruzifix auf dem Altar.
    Diese Rädnitzer Kirche ist - wie viele andere - gegen Kriegsende im Jahre 1945 in Flammen aufgegangen.

    Gegen Ende des Krieges im Jahre 1945 flüchteten einige Einwohner vor den Russen - die noch daheim gebliebenen Rädnitzer wurden danach von polnischer Miliz vertrieben. Bald danach geschah die "Landnahme" der Region durch die Polen. Es wurden im leer geräumten Dorf Familien aus Ostpolen angesiedelt. Sie kamen zwar in das größte Dorf des Kreises Crossen/Oder - aber die Kirche war durch die Kriegsereignisse abgebrannt.

    Rädnitz
          Pfarrhaus - wurde zur Kirche umfunktiomiert
    Neben Rädnitz gehörten auch Kurtschow, Trebichow, Griesel, Münchsdorf und Göhren zu den wenigen Dörfern des Kreises Crossen, deren Kirchen die Kriegs- und Nachkriegswirren nicht überstanden.
    In der großen Ortschaft an der Oder regte sich aber durch die neuen katholischen Bewohner bald der Wunsch nach einem Zentrum für die polnisch-katholische Gemeinde. So wurde noch in den 1950er Jahren das erhalten gebliebene Rädnitzer Pfarrhaus zur Kirche umgebaut.
    Rädnitz
          Neue Kirche - im Jahre 1981 eingeweiht

    Neben diese behelfsmäßige Kirche setzten die polnischen Katholiken ein Wohnhaus für ihren Geistlichen, das 1976 fertig war. Bald darauf begann die Rädnitzer katholische Gemeinde genau am Platz des einstigen deutschen Pfarrhauses mit einem Kirchenneubau oder zumindest mit einem großzügigen Erweiterungsbau.


    In etwa fünfjähriger Bauzeit von 1977 bis 1981 hat somit Rädnitz eine neue Kirche bekommen. Über die letzten Jahrzehnte erhalten blieb ein großes Holzkreuz, das die polnischen Katholiken am Eingang zum früheren Pfarrhaus aufstellten.
    Das neue Rädnitzer Gotteshaus stellte um 1980 die größte Baumaßnahme der polnisch-katholischen Kirche in einem Dorf des früheren Kreises Crossen dar.


    • Die Schule in Rädnitz

    Wann der erste Schulmeister sein Amt hier angetreten hat, ist nicht mehr feststellbar.
    Jedenfalls bestand die Schule im Jahre 1739 schon. Denn da werden für arme Schulkinder je 3 Bibeln, Neue Testamente, Katechismen und Fibeln aus der Kirchenkasse angeschafft. Ebenso wird 1766 für den Küster und Schulhalter zu Rädnitz ein Exemplar des „neu eingerichteten Berlinischen Schulbuches“ aus der Kirchenkasse angeschafft.

    Im Jahre 1839, wo sie zum ersten Mal angegeben wurde, beträgt die Zahl der Schulkinder doch schon 58 Knaben und 58 Mädchen, die sich ziemlich gleich auf die zwei Klassen verteilten. Der Unterricht war für die 1. Klasse vormittags, für die 2. Klasse nachmittags. Mittwoch und Sonnabend beide Klassen vormittags.

    Um 1766 war Johann Christian Beer hier Küster und Schulmeister. Danach wurde sein Sohn Friedrich Wilhelm Beer sein Nachfolger. Dieser starb hier am 1. November 1843. Dieser Junior soll neben der Schulmeisterei, die allein ihn nicht ernährte, das Schneiderhandwerk betrieben haben.
    Im Jahre 1844 folgte Christian Hirth aus Treppeln als Schulmeister. Er wirkte an der Schule bis zu seiner Pensionierung im Jahre 1864. Im Oktober 1864 folgte ihm als Lehrer und Küster Gottlieb Hamel, der ebenfalls hier 1879 starb.

    An seine Stelle trat der wohlbekannte Kantor Gebhard, der bis 1892 hier noch alleiniger Lehrer war und zwar für das ganze Dorf einschließlich der Glashütte. Erst in dem genannten Jahre wurde die 2. Lehrerstelle eingerichtet und im Jahre 1901 die Bahnhofschule erbaut. Kantor Gebhard wurde zum 1.Januar 1910 pensionsniert.

    In demselben Jahr wurde die neue dreiklassige Schule erbaut, die 3. Lehrerstelle errichtet und in die Hauptlehrerstelle der Lehrer Max Merten aus Bukowien berufen. Hauptlehrer Merten wurde ebenso wie der 2. Lehrer Jaenisch ein Opfer des 1. Weltkrieges. Der letzte Hauptlehrer Georg Rabe wurde 1918 von Sophienthal im Oderbruch nach Rädnitz versetzt.


    • Rädnitz - G l a s h ü t t e

    Rädnitz
    Rädnitz
    Im Crossener Nordkreis entstanden und bestanden im Zeitraum zwischen 1820 und 1870 Glashütten in Griesel, Topper und Krämersborn. Sie produzierten Flaschen.

    In Griesel entstand zusätzlich Fensterglas in Form von Zylindern. die aufgeschnitten und „geplättet“ wurden.
    Das karge märkische Land gab zunächst die wichtigsten Rohstoffe für die Glasproduktion her: das Holz für die Feuerung der Schmelzöfen, die Holzasche und den Ouarzsand für das Gemenge, das zur Glasmasse geschmolzen wurde.
    An die Stelle des Brennholzes trat mit der Entwicklung des Bergbaus die Kohle. vor allem die Braunkohle.
    Auch bessere Glasmassen-Rohstoffe kamen auf den Markt, die es im Crossener Land nicht gab.

    Die Hütten der Gegend waren dadurch gegenüber den Neugründungen in der Niederlausitz und im Schlesischen (Weißwasser) nicht mehr konkurrenzfähig. Die Reste der Krämersborner Hütte kaufte 1866 der örtliche Gastwirt und Glashändler Warminsky und versetzte sie nach Leitersdorf. Dort blieb das Unternehmen bis 1909 in Betrieb.

    Die Glashütte vor dem 1. Weltkrieg

    Um die inzwischen erbauten Eisenbahnen besser auch in den Dienst der Leitersdorfer Glashütte stellen und den Produktionsprozess sowohl wie den Versand verbilligen zu können, beschloss der Besitzer des Leitersdorfer Unternehmens ,Warminsky, den Bau einer neuen Anlage direkt an der Bahn, und zwar am Bahnhof Rädnitz.
    Bereits ab 1890 ließ er jedoch eine wesentlich modernere Glashütte am Bahnhof Rädnitz an der Nordostseite des Schienenstranges erbauen. Der Komplex umfasste schließlich auch Wohnungen für die Familien der im In- und Ausland angeworbenen Facharbeiter.
    Beamtenhs Verwalths Bahnhf
    Beamtenhaus Verwaltungsgebäude Rädnitz - Bahnhof
    Die entstandene Ortschaft nannten die meisten Kreis-Crossener »Rädnitz-Bahnhof« oder »Rädnitz-Glashütte«. Die Bewohner selbst sprachen nur von der ››Hütte«. Noch im Jahre 1890 konnte dort die Fabrikation aufgenommen werden. Die Eisenbahn schaffte nicht nur die zur Gaserzeugung erforderliche Kohle und die von auswärts benötigten Schmelzstoffe rein, sie ermöglichte auch bequemen und billigeren Versand der fertigen Produkte.

    Zuvor waren ja die Flaschen der Kreis-Crossener Glasmacher mit Fuhrwerken in die Absatzorte Frankfurt(Oder), Guben, Grünberg, Reppen, Sternberg, Zielenzig, Züllichau und Schwiebus befördert worden.

    Die Hoffnungen der Familie Warminsky erfüllten sich nur zeit- und teilweise. In den Jahren vor dem 1. Weltkrieg arbeiteten in Rädnitz in jeder Schicht 40 bis 50 Glasmacher, die nun schon nicht mehr als „Künstler“, sondern mit Hilfe von Formen Flaschen und Glasballons herstellten. Täglich wurden ungefähr 17.000 Flaschen in Rädnitz geblasen. Die Rädnitzer Flaschen genossen Land auf und Land ab den besten Ruf.

    Die Schule von Rädnitz Glashütte

    An der unteren Griesel gab es, so hielt der erste Chronikschreiber Bernhard Seefeld fest, seit altersher zwei Ansiedlungen. Es waren dies ein Eisenhammer, der schon Anfang des 18. Jahrhunderts bestand, und oberhalb davon die Rote Mühle, die nachweislich 1843 die Crossener Bäcker belieferte.

    Der Eisenhammer ging ein. Daraus entwickelten sich aber die Hammer-Mühle oder Leitersdorfer Mühle sowie der Hammerkrug. Neben der Roten Mühle wurden die Försterei Groß-Rädnitz und eine Gutswirtschaft eingerichtet. Nach dem Bau der Chaussee Crossen-Züllichau um 1860 und der Bahnlinie Breslau-Stettin 1871/73 gründete der Gutsbesitzer Warminsky 1890 auf seinem Land am 1873 eröffneten Bahnhof eine Glashütte.

    Durch den Bau der Arbeiterwohnungen, Typ Mehrfamilienhäuser, erfolgte ein starker Zuzug von Arbeiter- und Glasmacherfamilien, zum Teil aus Böhmen und Serbien. später auch aus den Provinzen Posen und Westpreußen. Die wenigen Kinder dort gingen anfangs im Dorf Rädnitz (3 km entfernt) und in Leitersdorf zur Schule. Durch die Wohnbauten für die Glashütten-Arbeiter stieg die Einwohnerzahl der Gesamtsiedlung Rädnitz-Bahnhof bis zur Jahrhundertwende auf rund 150 Personen an.

    Da die Kinder weite Schulwege bis Leitersdorf und Rädnitz-Dorf zurücklegen mußten. ergab sich die Notwendigkeit einer Schule. Diese wurde 1901 begonnen und am 3. Februar 1902 eingeweiht. Die Schülerzahl wurde maßgeblich durch die wirtschaftliche Entwicklung der Glashütte bestimmt. Sie betrug 1902 zwischen 34 und 40, stieg bis 1908 auf 129 und schwankte in den Jahren bis 1914 zwischen 54 und 150. Die erste Hütten-Schule war einklassig.

    Steigende Schülerzahlen - bis um 140 Schüler - forderten zu Beginn des 1. Weltkrieges den Bau einer neuen zweiklassigen Schule. Die Maßnahme wurde immer wieder vertagt und erst zu Beginn des 1. Weltkriegs (1915) ausgeführt. Die in der Schulchronik spärlichen und unklaren Angaben darüber sind wohl so zu verstehen. daß der Neubau die Klassenräume aufnahm und die Schule von 1902 fortan als Wohnhaus für zwei Lehrerfamilien diente. In der Folgezeit bis 1944/45 lag die Schülerzahl zwischen 55 und 80.

    Lehrer Strech
          Familie von Lehrer Strech
    Die obengenannten Informationen verdanken wir dem letzten Lehrer in der deutschen Zeit, Alfred Strech, der bei der Flucht im Januar 1945 die Schulchronik von Rädnitz-Glashütte mitnahm und somit für die Nachwelt rettete. Schulchroniken wurden aufgrund eines Regierungserlasses von 1872 überall in Preußen geführt. Mit Angaben über den Sommer 1944 endete die Schulchronik.

    Schule
          Schulkomplex von Rädnitz-Bahnhf
    Lehrer Alfred Strech wurde am 26.9. 1889 in Waldau-Mühle (Kr. Kulm/Westpreußen) geboren. Er besuchte 1904-1907 die Präparandenanstalt in Thorn, 1910 legte er die Erste Lehrerprüfung dort ab, der 1912 die Zweite Lehrerprüfung folgte. In den Jahren 1914-1919 war er Soldat; 1917 wurde er im Westen an beiden Beinen schwer verwundet und musste über 2 Jahre im Lazarett verbringen. Danach war er erster Lehrer an der zweiklassigen Volksschule in Neuguth (Kreis Kulm).

    Im Jahre 1921 wurde er aus Westpreußen ausgewiesen und war von 1921 bis Jan. 1945 Lehrer an der zweiklassigen Volksschule in Rädnitz-Glashütte. Er schrieb als Botaniker verschiedene fachwissenschaftliche Veröffentlichungen. Für den “Crossener Kreiskalender" lieferte er mehrere beachtenswerte Beiträge von seinen Forschungen, in denen er vor allem die Pflanzenwelt 0stbrandenburgs, besonders der bezaubernden Landschaft des Grieseltals beschrieb. Er starb am 23. 12. 1951 in Traben-Trarbach.

    Niedergang der Glashütte

    Die geplante Vergrößerung (dritter Ofen) der Fabrik führte zu einem kostenaufwendigen Prozesses um Grundeigentumsrechte. Diese gerichtliche Auseinandersetzung verschlang so große Summen, dass die Glashütte nahe dem Konkurs stand; nur durch die starke Hilfestellung seitens des Glashüttenwerkes Stralau konnte das Schlimmste verhütet werden.
    Glasbläser
          Glasbläser in Rädnitz-Bahnhof
    Nach dem 1. Weltkrieg hatte sich die wirtschaftliche Lage der Glasmacher verschlechtert. Der wichtigste Grund dieser Entwicklung ist der Siegeszug der von Owen erfundenen Flaschenmaschine, die ungefähr so viel leistet wie 100 Glasmacher. Trotzdem ist die Fabrik im Winter 1926/27 vollständig umgebaut und mit einer verbesserten Feuerungs- und Kühlanlage versehen worden. Während die Flaschen dort zuvor drei Tage zur Abkühlung benötigten, genügten in dem neuen Zugofen 8 Stunden.
    Zwei Jahre später kam es schließlich zu einer Fusion mit den Berlin-Stralauer Glashüttenwerken. Auch diese Maßnahme konnte den Niedergang der Hütte nicht verhindern. Die Rädnitzer Hütte wurde noch einige Jahre als Zweigbetrieb des Stralauer Werkes fortgeführt, ihr Betrieb aber schließlich wegen Unwirtschaftlichkeit stillgelegt.

    Der etwas ungünstige Standort und die Entwicklung von hochtechnisierten Flaschenmaschinen führten schließlich 1929 zur Einstellung der Produktion. Seitdem gibt es im Kreis Crossen keine „Buddelmacher“ mehr.

    Ehemalige Glashütte als Rüstungsbetrieb

    Glasfabrik in Rädnitz
          Gelände der Glashütte in Rädnitz
    Die wechselvolle Geschichte der um 1890 erbauten Rädnitzer Glashütte endete somit 1929. Die Wanne und die Kühlräume des Glaswerkes wurden im Jahre 1934 durch die Crossener Firma Alting abgebrochen.

    Erst 1940, nach Beginn des 2. Weltkrieges, kam mit der Firma W. & H. Gessner Feingerätebau ein Zweig der Rüstungsindustrie von Berlin-Köpenick nach Rädnitz. Anscheinend lagerte man die Produktion von Höhen- und Seitenleitwerkgetrieben für Jagdflugzeuge, zuletzt für den Focke-Wulf-Jäger 190, von der bombenbedrohten Großstadt ins stille Land aus. Auch die Vergrößerung der Produktion mag ein Grund dafür gewesen sein.

    Das Berliner Unternehmen begann 1941 mit der Fertigung von Rüstungsgütern in Rädnitz-Bahnhof. Es übernahm die verbliebenen Gebäude der Glasindustrie. Als Neubauten hinzu kamen mehrere flache Gebäude bzw. Hallen sowie eine Lehrwerkslatt mit Dusch- und Waschräumen. Die Kantine und Bäckerei von ehemals, die leer standen, wurden Speiseraum und Werksküche.

    Die Rüstungsprodukte gingen von Rädnitz nach Guben in ein Weiterverarbeitungswerk. Der Bedarf an Arbeitskräften war verhältnismäßig hoch. Er lag bei 250 bis 300 Personen. Etwa 50 Facharbeiter kamen aus Berlin. aber auch aus Graz, Oberschlesien und dem Rheinland. Das bedeutete. daß viele altansässige Glasmacherfamilien ihre Wohnungen freimachen und in nicht immer bessere Quartiere im Crossener Kreis ziehen mussten.

    Die überwiegende Zahl der Arbeitskräfte wurde jedoch in Rädnitz und im Kreis Crossen angeworben oder sogar kriegsdienstverpflichtet. Bis zu vier Omnibusse - zuletzt holzgasbetrieben - fuhren diese Leute insbesondere von Crossen zur Arbeit und zurück.

    Glasfabrik in Rädnitz
          Siedlung Glashütte bei Rädnitz
    Auch Kriegsgefangene aus Frankreich und Polen sowie Italiener gehörten zur Belegschaft. Die Franzosen wohnten in zwei Baracken am Sandplatz. Sie kochten für sich und konnten sich relativ frei bewegen.

    Die Belegschaft arbeitete in zwei Schichten zu je zwölf Stunden. Es standen für die Herstellung der Flugzeugteile moderne Maschinen wie vollautomatische Spindel- und Revolverdrehbänke, Fräs-, Flächen- und Gewindeschleifmaschinen zur Verfügung. Die Drehbänke aus Leichtmetall waren zum Teil für den Export in die Sowjetunion bestimmt gewesen, aber bedingt durch die Kriegsausweitung sind sie in Deutschland verblieben.

    In der Lehrwerkstatt bildete Meister Günter 30 Jugendliche als Feinmechaniker, Werkzeugmacher, Spindel-Revolverdreher und Fräser aus. Auch angehende Bürokaufleute gab es im Betrieb. Die Gesellenprüfungen wurden im übergeordneten Gubener Werk abgenommen.
    Als die Ostfront Ende 1944 näher kam, verlagerte man alle beweglichen Teile des Rüstungswerks nach Oberfranken in den Raum Bayreuth.
    Die Betriebsgebäude waren Ende Mai 1945, also nach der Besetzung Ostbrandenburgs durch die Rote Armee und unmittelbar nach Kriegsende, im großen und ganzen unversehrt. Heute erinnern nur noch Reste einer Toreinfahrt und der sogenannte Wasserturm an die Glashütte und den Rüstungsbetrieb. Alles andere, sogar der massive Stein-Eisen-Zaun, der das Industriegelände gegen die Bahnstrecke Breslau-Berlin bzw. Breslau-Stettin abgrenzte, wurde demontiert. Nach dem Hörensagen ist das Material für Aufbaumaßnahmen in Polen verfrachtet worden.


    • R ä d n i t z - Ortsplan und Häuserverzeichnis

    Zum Dorf Rädnitz gehörten die beiden Vorwerke Groß- und Klein-Rädnitz.
    Das Vorwerk Klein-Rädnitz lag am Westrand des Dorfes mit seinen Äckern an die Gemarkung Kähmen grenzend.

    Das Vorwerk Groß-Rädnitz und die Wassermühle lagen im äußersten Nordosten. Hier bildete der von Seen begleitete Grieselbach die Grenze zur Gemarkung des Rittergutes Leitersdorf und in Odernähe zur Gemarkung von Bindow.
    Die Wassermühle erhielt ihren Namen »Rotmühle« durch die zeitweilige Produktion von rotem Farbstoff für die Färbereibetriebe aus der Krappwurzel.

    Spätestens ab 1820 versuchte der Staat - vermutlich im Zuge der preußischen Landwirtschafts-Reformen die beiden Vorwerke zu verkaufen oder zumindest zu verpachten.
    Es gelang die Verpachtung des Vorwerks Groß-Rädnitz von 1824 bis 1842. Dabei handelte es sich um 512 Morgen Acker, 98 Morgen Wiese, 301 Morgen Hütung und 720 Morgen Unland (wahrscheinlich das moorige Grieseltal).
    Danach fanden sich keine Kauf- oder Pachtinteressenten mehr. Deshalb wurde Groß-Rädnitz ab 1843/44 aufgeforstet. Mit Laubbäumen und Kiefern bepflanzt, entstanden die Förstereien von Rädnitz des staatlichen Forstamtes Güntersberg. Unabhängig davon blieb der Betrieb der Rotmühle aufrechterhalten.

    Der Bau der Eisenbahnstrecke Breslau-Stettin 1871/77 setzte neue Verkehrs-Akzente für die Region. Diese Strecke wurde 1874 in Südost-Nordwest-Richtung durch den Ortsteil der Gemarkung Rädnitz geführt. Die Bahnhofsanlagen entstanden hier südwestlich der Försterei Groß-Rädnitz und ca. 500 m von der Chaussee (Reichsstr. 97) nach Schwiebus und Züllichau entfernt.

    Zur Veränderung der Berufsstruktur führte auch der Ausbau der Oder zur Schifffahrtsstraße. Viele Rädnitzer Landwirtssöhne fanden bei der Bahn Arbeit; andere stiegen in die Schifffahrt ein, wurden Bootsmänner, einige sogar Schiffseigner.
    Laut "Einwohnerbuch des Kreises Crossen/Oder - Ausgabe 1926" gab es in Rädnitz 135 Hausnummern. d.h. es existierten in deutscher Zeit mindestens 150 Häuser und 380 Haushalte.
    Die darin enthaltenen Angaben werden im folgenden nur kurzgefaßt wiedergegeben. Es war ein großes “ Bauern- und Schifferdorf ”.

    Das Einwohnerbuch liefert:
       •  91 Einträge als Bauern,
       •  42 Einträge als Schiffer,
       •  19 Einträge als Bahnangestellte,

    Außerdem im Ortsteil Glashütte:
       •  37 Einträge als Glasmacher.

    Rädnitz hatte in der ersten Hälfte des 20. Jahrh. eine gute Infrastruktur.
    Die Hauptberufe der Bewohner waren neben der Schiffahrt und der Landwirtschaft die Handwerker.

    Gebhard Seebad Rössler
    Gasthaus Gebhard Vor dem Gasthof Rösler - rechts: Gastwirt Gustav     Zweiter von links: sein Sohn Emil Gasthaus Rösler

    • Das Jahr 1945

    Hier werden zwei Berichte aus dem Crossener Heimatzeitungen auszugsweise wiedergegeben.
    In den Berichten wird geschildert, wie es den im Heimatort gebliebenen Rädnitzern nach der Besetzung durch die Sowjetarmee erging.

     ♦ Maria Strech berichtete:

    Ende Januar 1945 hatte der Krieg auch Rädnitz erreicht. Am Abend des 31.Januar 1945 wurde die Eisenbahnbrücke über die Griesel gesprengt.
    Am 1. Februar, 8 Uhr, machte ich den ersten Russen die Tür auf. Die beiden Russen gingen noch etwas zögernd durch die Wohnung, ein Dritter kam, verlangte Urri, Urri, und ich gab ihm Annemaries Schuluhren, die auch Herr Rondke nicht mehr lebendig hätte machen können. Überrascht, dass er gleich 2 Uhren bekam, klaute der Russe noch das Silbergeld aus dem Schrank und haute ab.

    Noch am gleichen Abend brannten die Sowjetsoldaten die Kirche nieder, weil angeblich der Turm ein Ziel für den deutschen Beschuß darstellte. Es bestand ja etwa 14 Tage nördlich der Oder von Crossen ein Brückenkopf bis Kähmen. Deshalb orgelten die Granaten über Rädnitz hinweg, und einige Häuser wurden getroffen. Immer mehr Familien zogen zusammen. weil jeder Angst hatte. Einige haben sich umgebracht.
    Am 3. oder 4. Februar abends gegen 6 Uhr sahen wir über den Hüttenplatz hinweg ein Flammenmeer, die schöne Mühle brannte, die Flammengarben schossen bis über die Bahn hinweg. Der Hammerkrug wurde wahrscheinlich von einer Fliegerbombe in Brand gesteckt, auch alle Dächer der umgebenden Häuser sind abgedeckt worden.
    Im Grieseltal waren die Russen früher, besonders in Griesel und auch in Krämersborn hausten sie fürchterlich, aber darüber wurde bereits in den Heimatgrüßen berichtet.

    Am 13. Februar mussten wir alle raus, etwa 20 km hinter die Front. Ich hatte noch schnell in einem feindfreien Augenblick Anzüge, Kleider, Wäsche u. a, hinter dem Schornstein auf dem Boden versteckt und einiges Wertvolles vergraben. Der Handwagen mit dem Notwendigsten und meines Mannes Wagen waren schon schwer genug. Das war eine Fahrt, furchtbar die Kriegsbilder, unsere armen Soldaten!

    Wir landeten in Kutschlau in einer leeren Schmiede, Fensterhöhlen mit Plaggen und Lumpen zugestopft, zu 7 Personen, nachts nur auf Stühlen schlafend, 7 Wochen lang. Und der Hunger! Kartoffeln gab es, aber kaum Brot. Dankbar denken wir an Annemarie Soor, die uns ab und zu Abfälle aus der Fleischerei brachte. Die Last der durchziehenden Russen war für uns unerträglich. Erst nach 3 Wochen konnten wir »nach Hause«.

    Als wir dann endlich zu Hause ankamen, stellten wir fest, daß alles Versteckte und Vergrabene gefunden wurde - alles war leer!
    Anfang Juni kamen zu dieser Brut noch die ersten Polen in Rädnitz an, u.a. ein Förster zu Hindenburgs, ein Oberförster nach Krämersborn. Ein Bürgermeister mit Sekretärin zog in Frau Bärmanns Haus.
    Ende Juni musste die Rädnitzer Bevölkerung an einem Sonntag raus - das war die Vertreibung aus unserer seit Jahrhunderten angestammten Heimat, nur 40 Pfund Gepäck waren erlaubt.

    Doppl.Klick für Großformat

     ♦ Ingeborg Gosse berichtete:

    Ihre Rädnitzer Gruppe gelangte beim sogenannten Osttrieb nach Skampe in der Nähe von Schwiebus.
    Die Daheimgebliebenen in den anderen Dörfern waren sicher ähnlich unterwegs.

    In Skampe wurden wir von den Russen verwaltet und bekamen auch Brot. Die Frauen, es gab ja fast nur Frauen und Kinder, mußten auf dem Feld arbeiten, auch „Straße fegen“ war bei den Sowjets sehr beliebt.
    Wir hausten alle in einer Stube auf der Erde. In unserer Gruppe war ein einziger alter Mann. Der hieß Otto Agatz, wenn ich mich richtig erinnere. Er versuchte, ein bißchen Ordnung in den Laden zu kriegen.

    Ungefähr Mitte April führte er uns zurück nach Rädnitz. Dort sah es schlimm aus, denn dort hatten inzwischen andere Flüchtlinge gehaust, die genauso unterwegs waren.
    Es hat dann jeder versucht, alles wieder ein wenig herzurichten, bis wir im Juni für immer raus mußten.

    In diesem Durcheinander konnte man ganz schnell seine Angehörigen verlieren. Junge Burschen wurden oft von den Russen zum Viehtreiben mitgenommen. Bei manchen dauerte es einige Jahre, bis sie wieder nach Deutschland kamen.
      Änd 07.01.2019
    homeHome ZurückZurück