Griesel

(Gryżyna)
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Aktuelles Kreis Crossen/Oder
mit den drei Städten Crossen Bobersberg Sommerfeld
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Gasthof
Gutshaus

Griesel    liegt ca.21 km nordöstlich von Crossen. Von der Crossener Altstadt kommend, nimmt man am "Verkehrskreisel" (am Ende der Bismarckstr.) die zweite Ausfahrt.

Sie führt in Richtung Lochwitz und weiter nach Beutnitz, das nach 12 km erreicht wird. Nach weiteren 9 km wird Griesel erreicht.

Griesel hatte bei der letzten Volkszählung im Jahre 1939     477 Einwohner.
Es gehörte zum Amtsbezirk Griesel, zu dem noch Krämersborn zugeordnet wurde.

Das kleine Dorf Griesel im Kreis Crossen gehörte zu den idyllischsten Flecken der Mark Brandenburg, Dichte Kiefernwälder umgaben es, die zu ausgedehnten Spaziergängen einluden. Die erholsame würzige Luft stellte einen Jungbrunnen für Leib und Seele dar. Viele zog es in das herrliche Grieseltal, wo immer wieder andere Seen die Blicke auf sich lenkten, Eine wunderschöne Landschaft, ein anheimelndes Dorf.

Meilenweit von Wald umgeben, über 20 Kilometer von den nächsten Städten Crossen und Schwiebus und etwa 10 Kilometer von den Bahnstationen Beutnitz, Rädnitz und Topper entfernt, liegt um die Quellen der Griesel herum, wie ein Gebirgsdörfchen, an Abhängen, zwischen Erlen und Eichen, das stille Heidedörfchen Griesel.

Erst 1928 wurde Griesel direkt in das öffentliche Verkehrsnetz einbezogen. Ein Postomnibus aus Schwiebus hatte nun hier seine Endstation und traf zweimal täglich, um 9 und um 17 Uhr, ein. Von Schwiebus aus wurde das Dorf schon vorher postalisch versorgt.


  • zur Geschichte des Ortes

Griesel tritt 1571 auf als Griessen, 1583 als Griesel, 1644 als Griesell, 1665 als Greissell. Nach Ansicht des Crossener Chronisten Möller, der meist Mitteilungen von Pfarrern benutzte, bedeutet der Name so viel wie Geriesel, „denn mitten im Dorfe laufen viele Quellen zusammen und machen einen Bach“. Mag man darüber auch anders denken, so muss man doch zugeben, dass das Entstehen der flinken Griesel mitten im Dorfe etwas ganz Besonderes und Auffälliges ist.

Das Dorf Griesel wurde zuerst im Jahre 1500 erwähnt. Denn schon im Jahre 1500 huldigten die von Schlichting als Gutsbesitzer dem Kurfürsten Joachim l. Die Familie hielt sich am Ort bis zum Ausgang des 17. Jahrhunderts, also noch nach dem 30jährigen Krieg, in dem Griesel und Kunersdorf von den Truppen des schwedischen Generals Stalhans "ruinieret" wurden.

Am Ende des 17. Jahrhunderts waren in Griesel zwei Rittergüter: das eine besaß Bernhard Rudolf v. Schenkendorf, das andere B. von Morstein. Die Reihenfolge der Besitzer war aus ihren Quittungen in einem alten Abrechnungsbuche zwischen Gutsherrschaft und Mühle zu ersehen, welches ununterbrochen von 1700 bis 1854 benutzt worden ist.

Nach dem 30jährigen Krieg etwa um 1660 nahm der damalige Gutsherr Bogislaw Alexander von Schlichting Angehörige der aus ihrer Heimat vertriebenen „polnischen Brüder“ auf und gewährte ihnen Schutz. Das den Unitariern zugewiesene Land bildete ein eigenes Rittergut der Familie Morstein. Die Bezeichnungen sind vermutlich im Laufe der Zeit verfälscht worden. Wissenschaftlich korrekt muss wohl von Unitariern die Rede sein.

Diese Glaubensrichtung entstand durch den italienischen Humanismus und fand Verbreitung in Polen und Litauen, Die Anhänger zerstreuten sich nach der Ausweisung aus Polen 1658 über Siebenbürgen, Preußen, die Niederlande, England und Nordamerika. Die polnischen Brüder leugneten die göttliche Dreieinigkeit und pflegten die Wiedertaufe der Erwachsenen.

Die Grieseler Gruppe schuf sich ein eigenes Gotteshaus und legte einen Friedhof hinter dem Schlossgarten auf dem „Weinberg“ an. Die Wiedertaufzeremonien fanden im Quellwasser des Teiches statt. Die Religionsgemeinschaft soll über 100 Jahre in dem Dorf im Crossener Nordkreis bestanden haben. Danach verschwanden ihre Spuren.
Heute erinnert nur noch der Arianer Teich daran, dass es hier früher eine Kultstätte der Wiedertäufer gab.

 

In der Klassifikation 1718/19 wird Griesel wie folgt erwähnt:
Die Besitzer des Gutes Griesel waren Bernhard Rudolf von Schenkendorf und die Erben des Stephan Morstin de Kariborsko.
Leutnant a. D. von Schenkendorf war kinderlos, wohnte in Griesel. Seine drei Brüder hatten fünf Söhne.     H. v. Morstin hatte zwei Söhne und wohnte auf dem Vorwerk.

Im Ort gab es 16 Gärtner und 5 Büdner - aber keine Bauern. Je eine Hufe wurde von der Kornmühle, der Schneidemühle, der Papiermühle und der Schmiede bewirtschaftet.

Die Felder wurden abwechselnd alle drei Jahre bestellt. Der Boden war schlecht und sandig. Weide und Viehzucht waren schlecht. Es wurde nur auf dürrer Heide gehütet.

Die Gärtner, die im Durchschnitt eine halbe Bauernhufe bewirtschafteten, konnten drei Rinder, zwei Schweine und eine Gans halten. Holz stand aus der herrschaftlichen Heide zur Verfügung. Im Ort gab es einige Bienenstöcke. Der Krüger verschänkte etwa 70 T. Bier, das zur Hälfte von der Gutsherrschaft und zur anderen Hälfte aus Crossen geliefert wurde.

Es gab einen Küster, der das Pfarrland bewirtschaftete. Neben dem schlechten Boden war auch der Wiesenwuchs sehr schlecht.

 

Das Schenkendorffsche Gut ging 1739 an Herrn von Wulffen und 1763 weiter an Ernst von Pförtner über. 1790 kam das der Witwe von Morstein gehörige Rittergut durch Zwangsverkauf in den Besitz des Herrn Andreas von Pförtner. Von nun an waren beide Güter in einer Hand.

 

Im Bratring 1806 wird Griesel wie folgt erwähnt:

Griesel war im Jahre 1806 ein Dorf mit 2 Gütern:

  •   21 Kossäten, 17 Büdner, 7 Einlieger, Schmiede.
  •   1 Wassermühle, 1 Papiermühle, 1 Förster.
  •  Altes und Neues Vorwerk bei Griesel.

  •  Griesel hatte 1806  43 Feuerstellen  322 Einwohner.

 

In der “Topografischen Übersicht des Reg.Bez. Frankfurt/Oder” aus dem Jahre1840 erscheint:

  ♦   Griesel   Dorf mit 1 Wassermühle, 1 Papiermühle, 1 Teerofen.
      ein Rittergut in Besitz des Oberforstmeister Krause
  ♦   Griesel hatte 55 Wohngebäude und   384 Einwohner.

außerdem

  ♦   Hintervorwerk =  1 Wohngebäude und   8 Einwohner.
  ♦   Augustenhöhe = 21 Wohngebäude und   173 Einwohner.
  ♦   Mittelvorwerk =  1 Wohngebäude und   14 Einwohner.
  ♦   Vordervorwerk = 3 Wohngebäude und   25 Einwohner - wurde auch Morsteinvorwerk genannt.

 

Für das Jahr 1852 werden genannt:
  ♦   Griesel hatte 495 Einwohner.

  ♦   Hintervorwerk =  29 Einwohner.
  ♦   Augustenhöhe = 188 Einwohner.
  ♦   Mittelvorwerk =    9 Einwohner.
  ♦   Vordervorwerk = 16 Einwohner - wurde auch Morsteinvorwerk genannt.

 

Im Riehl und Scheu "Berlin und die Mark Brandenburg …" von 1861 wird geschrieben:

  ♦   Griesel hatte 57 Häuser 472 Einwohner, darunter 9 Katholiken, u. 7 Juden.
      mit Papiermühle = 1 Haus 9 Einw,   Mahlmühle = 1 Haus 10 Einw,   Schneidemühle = 2 Häuser 25 Einw.
      Der Besitzer war Oberforstmeister a.D. Krause.
  ♦   Hintervorwerk =  2 Häuser 16 Einwohner.
  ♦   Augustenhöhe = 18 Häuser 204 Einwohner, dar. 9 Katholiken.
  ♦   Mittelvorwerk =  1 Haus 6 Einwohner.
  ♦   Vordervorwerk = 4 Häuser 21 Einwohner.

 


  • Die   K i r c h e   in Griesel

Beim Crossener Chronist Möller stand geschrieben, dass Griesel schon in vorreformatorischer Zeit ein Kirchspiel war, dem auch Leitersdorf angehörte, und dass man Christoph Schultz, der noch 1560 lebte, für den ersten evangelischen Prediger in Griesel hält. 1568 wird als Prediger Caspar Bock erwähnt, der 1599 als Pastor von Sandow in einer Erbteilungssache in Crossen erscheint. Michael Rosemontanus (Rosenberg), 1590 in Griesel, dann in Pommerzig, entstammte einer alten Predigerfamilie. Sein Großvater war Pfarrer in Wellmitz im Gebiete des Klosters Neuzelle und wurde der Stammvater viele Pastoren– und Gelehrtenfamilien. Er erreichte das gesegnetes Alter von 101 Jahren.
Melchior Wendling wurde 1595 Pastor in Griesel, starb 1601 und erhielt ein Ehrengrab vor dem Altare. Im Jahre, als der große Krieg begann, trat der Sohn des zuvor erwähnten Rosenberg das Pfarramt in Griesel an, heiratete seines Vorgängers Witwe, die sechs Kinder in die Ehe mitbrachte und ihm noch acht schenkte. Alle Schrecken des Krieges musste er durchkosten. 1631 wütete die Pest in Griesel und Cunersdorf und brachte in den beiden Orten 160 Menschen ins Grab.

 

 
Die Kirche war ein schlichter, im Grundriß rechteckiger, völlig überputzter Fachwerkbau. Auf der Südseite enthielt ein Anbau die Patronatsloge und eine Eingangshalle. Die Stelle des Turms vertrat ein Dachaufbau mit vierseitiger, schindelgedeckter Pyramide. Im Innern war der mit Schnitzwerk und Malereien reichgeschmückte Kanzelaltar bemerkenswert. In der Patronatsloge waren zwei alte Wappentafeln aus den Jahren 1705 und 1715 angebracht.

Schon damals war der Gottesdienst zu bestimmten Zeiten wenig besucht. Besonders dann, wenn das Wetter für Saat oder Ernte günstig war. Dann machte sich`s auch der Pastor leicht, der Lehrer musste Lesegottesdienst halten, während der Pastor mit einem Pferdefuhrwerk die beiden anderen Gemeinden aufsuchte, die er zu betreuen hatte. Die Konfirmanden von dort mussten zu Fuß, und das waren gut sechs Kilometer, nach Griesel kommen. Fahrräder hatten die Kinder nicht.


Die evangelische Kirche in Griesel stand unter katholischem Patronat, nämlich dem des Fürsten von Hohenzollern. Zum Grieseler Kirchspiel gehörten noch Sawische, Ulbersdorf, Blankfeld, Niedewitz und Friedrichs-Laesgen. Sonntags und besonders an Feiertagen rollten dann Wagen auf Wagen in das Dorf, wo die Kirchenbesucher bei den Fleischern, Bäckern und Krämern ihre Einkäufe machten und die Gastwirte gute Einnahmen erzielten. An mehreren Sonntagen vor Weihnachten kamen auch die Buden aus Crossen und Schwiebus mit allerlei schönen Süßigkeiten auf den Kirchplatz, auf dem dann reges Leben und Treiben herrschte.

Die nach 1945 neu angesiedelten polnischen Dorfbewohner nutzten die alte Kirche weiterhin mit nun umgestalteten Altarraum lange für ihre katholischen Gottesdienste.
Erst in jüngerer Zeit wurde die alte Kirche abgerissen, um Material für eine Baumaßnahme in Crossen zu gewinnen. Danach ist etwa derselben Stelle ein Kirchen-Neubau errichtet worden.

 

 
Pfarrer Süß aus Griesel war der letzte deutsche Pfarrer, er gehörte zur "alten Garde Hitlers", er war stellvertretender Kreisleiter der NSDAP im Kreis Crossen. Pfarrer Süß erteilte in seinem Schriften einzelnen Ortschaften gewissermaßen Zensuren. Er lobte die Dubrower, die bereits im November 1931, zu 80 Prozent für die Hitler-Liste stimmten, und die Bobersberger, in deren Stadt die NSDAP sogar schon ab 1930 die stärkste Partei war.

Fast in „Acht und Bann" tat Pfarrer Süß die Brankower. Er nannte die stille Ortschaft am Kempfenberg ein „marxistisches Dorf“. Abgesehen von einer Familie, hätten hier die Bauern der „Partei“ stets ablehnend gegenüber gestanden. Weiter wetterte der stellvertretende Kreisleiter und örtliche Führer der nazistischen „Glaubensbewegung Deutsche Christen“ gegen bestimmte Lehrer und Gemeindevorsteher, denen er nachsagte, das Eindringen der NS-Ideologie in ihre Dörfer lange Zeit verhindert zu haben.

Auch bekämpfte er erbarmungslos die Anhänger der "Bekennenden Kirche".
Dieser letzte Grieseler Pfarrer, S ü ß, ist von den Russen nach ihrem Einrücken erschossen worden.

 


  • Die Dorflage   von Griesel   und seinen Ausbauten

Ein großer Talkessel, durch viele Quellen ausgewaschen - mitten drin: Griesel. Nach Süden hatte sich das Wasser einen Abfluss geschaffen. Gegen Norden war es vor kalten Winden geschützt. Alles zusammen bildete die Grundlage des Dorfes Griesel.
Die Land- und Forstwirtschaft bestimmte seit jeher das Leben in der Abgeschiedenheit. Die Ernährer der Familien mit vor 1945 rund 500 Personen waren Bauern, Beamte, Land- und Forstarbeiter sowie Handwerker und Händler mit kleinen Betrieben oder Geschäften.

 

Griesel bestand aus mehreren Ausbauten:

  ♦   Augustenhöhe

Zuerst zum südlich des Dorfes hoch gelegenen Ortsteil "Augustenhöhe", den die Einwohner kurz und geschichtsbewusst „Hütte“ nannten. Sie meinten damit die etwas abgelegene ehemalige Glashütte. Dem Leser dürfte es kaum überraschen, dass dieses Unternehmen durch die Tatkraft des Oberforstmeisters und Gutsbesitzers Krause entstand, der Mitte des 19. Jahrhunderts am Ort wirkte. Der gab dem „Industrieviertel“ den Vornamen seiner ersten Ehefrau.

Der Wanderer kommt zur Augustenhöhe, wenn er vom Jagdschloss aus dem ansteigenden und beiderseits von Eichen gesäumten Weg nach Süden folgt. An diesem lag zunächst links, gleich hinter dem Haus des Hohenzollernschen Schlossverwalters (Kastellans) Noack auf einer Anhöhe der dörfliche Festplatz.

Hier feierten die Grieseler, insbesondere ihre Vereine, unter dem Laubdach der Bäume bei allen sich ergebenden Gelegenheiten. Meist trugen die Schulkinder durch Vorführungen zum Gelingen des Tages bei. Ein Schießstand gab den älteren und jugendlichen Männern Gelegenheit, Treffsicherheit zu beweisen. Abends zog man mit Musik nach unten ins Dorf, um nach dem Füttern des Viehs in den beiden Gastwirtschaften fort zu feiern und zu tanzen.

Etwa 150 Meter weiter südlich erreichte man schon die ersten Gebäude des sich von Norden nach Süden hinziehenden Ortsteils Augustenhöhe, sozusagen das Industrieviertel des späten 19. Jahrhunderts. Sie reihten sich beiderseits des Weges. Darunter waren längere Mehrfamilienhäuser, die für die Glasmacherfamilien entstanden. Die Glashütte hatte allerdings schon in den 1880er Jahren den Betrieb eingestellt. Sie wurde bald danach abgebrochen, mit ihr beseitigte man auch mehrere Häuser. Übriggeblieben war nur ein langes, niedriges Gebäude, das wohl einst als Lagerraum diente.

Der Betrieb umfasste einst neben dem Schmelzofen, zwei Kühlöfen und einen Streckofen. Eine Stampfmühle, von Wasserkraft getrieben, diente zum Zerkleinern der Rohstoffe. Hergestellt wurden Flaschen aller Art, Einmachgläser und Fensterglas. Quarzsand holte man vom nahen Kalksee, den Kalk aus der Gemarkung Krämersborn, wo er eine bessere Qualität aufwies als am Kalksee. Weiteres Material wie Bruchglas, Pottasche und Soda brachten Fuhrwerke aus ferneren Orten heran. Die Wälder der Umgebung lieferten das Feuerholz.
Etwa 20 Glasmacherfamilien wirkten „auf der Hütte". Die Produkte brachten Händler vor allem nach Schlesien, in märkische Städte und in die preußische Hauptstadt Berlin.

  ♦   Vordermühle

Glockenturm
      Mühlenteich an der Vordermühle

Südwestlich der Augustenhöhe am Flüsschen lagen zwei weitere Gebäudegruppen. Vom Westausgang des Dorfes führte ein gut 1000 m langer Weg zur Vordermühle. Das idyllisch am Mühlenteich gelegene sogenannte Entenhäuschen nahm schon in den 1920er Jahren Sommerfrischler auf.

Diese älteste und früher einzige Grieseler Mahlmühle mit Ölpoche, kaufte Gottfried Klopsch mit Genehmigung der Gutsherrschaften im Jahr 1694. Sie blieb in den Händen seiner Nachkommen bis 1945. Kaufverträge von 1694 bis 1923 und andere zahlreiche Urkunden waren noch hier vorhanden. Die Schneidemühle am anderen Ufer, die gepachtet war, stand bis zum Jahr 1880 in herrschaftlichem Besitz und musste von dem überschüssigen Wasser durch den Müllermeister Klopsch betrieben werden.

Um die Mitte des 19. Jahrhunderts, zu Griesels Blütezeit, herrschte in der Vordermühle ein geselliges Leben und Treiben. Wer ein paar gemütliche Stunden verleben wollte, ging nach der Mühle, wo auch Getränke gegen Bezahlung verabreicht wurden. Das junge Volk fand hier in der alten, großen Mahlstube oft Gelegenheit zu einem Tänzchen.

Die alten Herren spielten im Hinterstübchen Schafskopf und die Frauen hielten ein Plauderstündchen mit dem Spinnrocken oder dem Strickstrumpf. Die Mühle hatte auch eine viel benutzte Kegelbahn und einen Schießstand, auf dem öfters Übungsschießen stattfanden, wozu der alte Mühlenmeister Klopsch, der Unteroffizier war, die alten gedienten Soldaten der Umgegend einberief.

  ♦   Mittelmühle

Früher waren es drei, jetzt sind es nur noch zwei Mühlen, von der Mittelmühle stehen nur noch die Scheune und ein paar Obstbäume. 1882 bildete die Mittelmühle den Schauplatz eines Verbrechens. Der Müller Kisch ermordete den Hintermüller Schmalinski, nachdem vorher das Gerücht verbreitet worden war, dass beide nach Amerika auswandern wollten. In den 1880er Jahren ging es der Müllerei schlecht. Die Besitzer der Mittelmühle wechselten sehr oft, bis dieselbe 1895 zur Vordermühle zugekauft wurde.

Um die Mitte des 19. Jahrhunderts herum kam es zu einer massiven Auswanderung von Dorfbewohnern, einzelnen und ganzen Familien, vornehmlich nach Südaustralien, aber auch nach Amerika. Angesichts der geringen Dorfbevölkerungszahl sind etwa 80 Auswanderer ein hoher Prozentsatz für Griesel.

Früher stand an der Stelle der späteren Mittelmühle eine Tuchfabrik, zu welcher mehrere Häuser für Tuchmacherfamilien gehörten. Sie war im Besitz des Tuchfabrikanten Fleck in Crossen.

An sie erinnert noch die Katasterbezeichnung »Plunderweg«, der Weg, auf dem die Lumpen zur Fabrik gefahren wurden, welche 1923 weggerissen worden ist. Einige Tuchmacher waren im Nebenberuf Musikanten und spielten Sonntags in Crossens Vergnügungslokalen zum Tanz. Man bedenke den Weg, den sie zu Fuß quer durch den Wald (um die Strecke abzukürzen) zurücklegen mussten.

  ♦   Hintermühle

An der Stelle, wo jetzt die Hintermühle im Betrieb ist, war früher eine Papierfabrik (damals der Familie Wegener gehörig). Zur Getreidemühle wurde sie ungefähr 1850 umgebaut und 1919 an die Fürstlich Hohenzollernsche Verwaltung verkauft. Diese hatte ein Müller Linke gepachtet.
Diese Mühle blieb bis zum Ende des 2. Weltkriegs in Betrieb.

Das alles war einmal!
Heute ist es mit der Mühlenromantik vorbei.
Derzeitig gibt es weder Mühlenteiche noch Gebäude, nur ein paar Mauerreste und Mühlsteine sind im Gestrüpp noch zu finden.

 

  ♦   Oberförsterei

Der Besitzer der Grieseler Güter hat für die Administration und die Wirtschaftsführung der weiten Waldgüter die Hohenzollernsche Oberförsterei gegründet. Sie war im südlichen Teil der Anlage lokalisiert.

In diesem Haus wurde der bekannte Maler Hubertus Lehner geboren.

Während des 2. Weltkrieges wurden das Schlösschen und die Oberförsterei zerstört.
Glockenturm
      Hohenzollernsche Oberförsterei

  ♦   Forsthaus Nord und Forsthaus Süd

Forsths Nord
Forsths Süd

Das Forsthaus Griesel-Nord (auf den Karten auch als „Mittelvorwerk“ bezeichnet) existiert nicht mehr. Daran erinnert heute nur noch ein Haufen Steine, bewachsen mit Brombeeren und jungen Birken. Familie Kittel wohnte einst dort.

Zum Forsthaus Griesel-Süd konnte der Webmaster leider keinerlei Informationen finden. Es lag wohl Richtung Ausgustenhöhe, heute gibt es nur noch Ruinenreste .


  • Das Jagdschloß Griesel

Das heutige Jagdschloss wurde um 1809 vom damaligen Besitzer Major Perle als Herrenhaus gebaut. Wahrscheinlich wurden hier die Fundamente und die Mauern des ehemaligen Bauwerkes aus dem 17. oder 18. Jahrhundert genutzt.

Zusammen mit dem Schloss entstand im ersten Teil des 19. Jahrhunderts eine besonders schöne symmetrische Parkanlage mit Wasser und seltenen Bäumen und Sträuchern. Hinten im Park gibt es noch die Reste des alten imposanten Mausoleums der Familie Krause. Im hinteren Park am Wasser gab es auch einen sogenannten „Widder“, eine Art selbsttätiger Pumpmechanismus.

Das Schloss wechselte mit dem Rittergut mehrfach den Besitzer und kam mit diesem 1888 in die Hände des Fürsten von Hohenzollern. Dieser ließ es zum Jagdschloss umgestalten.

Schloss
      Jagdschloß Griesel
Schloss
      Jagdschloß Griesel - interieur

Die Verfasser des Bandes „Kreis Crossen“ der Reihe „Die Kunstdenkmäler der Provinz Brandenburg“ haben die Grieseler Schlösser überhaupt nicht erwähnt. Für sie gehörten allgemein Bauten, die im 19. Jahrhundert entstanden, noch nicht zur regionalen Kunstgeschichte, d.h. das Jagdschloss hatte für sie keinen überragenden kunstgeschichtlichen Wert.

Das Jagdschloss gewährte in den letzten Kriegsmonaten Evakuierten aus den bomben bedrohten Großstädten Unterkunft.

Zunächst stand nach dem Jahre 1945 das Jagdschloss leer.
Dann nutzte einen Teil des Schlosses das polnische Forstamt als Bürogebäude. Aber die für die Unterhaltung notwendigen Mittel überstiegen die finanziellen Möglichkeíten der Forstverwaltung. Die Oberförsterei zog deshalb nach Güntersberg um.

Wieder stand das Objekt einige Jahre leer. Dann interessierte sich der Grünberger Industriebetrieb „Fabulaz“ dafür. Er wollte darin ein Erholungszentrum einrichten. Die Firmenleitung gab den Gedanken jedoch auf, nachdem sie hatte errechnen lassen, dass Investitionen von mindestens 10 Millionen Zloty erforderlich waren.
Schloss
      Jagdschloß Griesel - im Jahre 2007

Auch das Fremdenverkehrsunternehmen „Lubtour“ hatte nicht die Mittel, um das Schloss einer sinnvollen Verwendung zuzuführen. Die zuständigen Verwaltungsstellen zeigten sich deshalb erleichtert, als ein Ministerratsbeschluß von 1978 die Möglichkeit schuf, ein derartiges Objekt in private Hände zu übergeben. So wurde das bereits 1971 verlassene Schloss erst 1980 zusammen mit einem Teil der Parkanlage zum Privateigentum von Ludwik Miszon-Maliszewski.

In den Jahren 1980-82 wurde die Modernisierung des Schlosses durchgeführt, indem man den Balkon anbaute. 1984 gingen das Schloss und ein Teil des Parkes (2,2 ha) in die Hände der Maschinenfabrik BeFaMa Bielsko-Bialu über. In dieser Zeit wurde die Instandsetzung des Schlosses und die Aufwertung des Parkes durchgeführt.

1990 ging das Schloss in Privatbesitz an Herrn Lech Skorski. Durch ihn wurde es inventarisiert und die Pension »LECH« gegründet. Diese Pension verfügte über 15 Ein- und Zweibettzimmer, darunter zwei Suiten. Alle Gästezimmer sind mit Bad, Telefon und Fernseher (Satellitenempfang) ausgestattet.

Heute - im Jahre 2020 - ist das Schloss weiter im Privatbesitz, es gehört einer polnischen Frau und ihrer Tochter, die keine Zimmer an Touristen vermietet. Das Gebäude befindet sich in recht gutem baulichen Zustand.

 


  • Griesel   unter dem Oberforstmeister Krause

1809 kaufte ein Major Perle die Herrschaft Griesel und erbaute das Herrenhaus. Er kam jedoch später in Zahlungsschwierigkeiten und bat die Ritterschaftliche Darlehnskasse um Unterstützung. Diese sandte den königlichen Oberforstmeister Krause zur Abschätzung des Besitzes, welcher berichtet haben soll, dass nicht ein Scheit Backholz mehr auf der Herrschaft Griesel wäre. Perle erhielt deshalb kein Darlehen und so kam das Rittergut zur Versteigerung, bei welcher es Oberforstmeister Krause im Jahre 1840 für den Preis von 60,000 Taler erwarb.
Schloss
      Die Teiche an der Griesel

  • Krause hat dann Großes in Griesel geschaffen. Er erbaute eine Brennerei und Brauerei, sämtliche Wirtschaftsgebäude und Beamtenwohnungen, errichtete die Glashütte auf dem südlichen, hochgelegenen Dorfteil, Augustenhöhe genannt, wo auch fünf lange Familienhäuser für die Glasmacherfamilien erstanden.
    Zur Herstellung gelangten in der Glashütte alle Sorten Flaschen, Gläser, Ballons, Fensterglas. Die Ware wurde durch Gutsfuhrwerk und auch durch Händler fortgefahren bis Frankfurt/Oder und Berlin, nach den Provinzen Posen und Schlesien.
    Eine Stampfmühle, welche durch das Wasser des alten Teiches (unterhalb Augustenhöhe) betrieben wurde, zerkleinerte die für die Glashütte notwendigen Rohstoffe.
    Die Ziegelei an der Ulbersdorfer Grenze wurde angelegt und der Kalkofen am Kalksee. Der Gutsherr ließ Kalkmergel am See graben. Das Absatzgebiet für den Kalk erstreckte sich meilenweit in der Umgegend.

  • Oberforstmeister Krause hatte auch Sinn für die Schönheiten der Natur. Die Eichenalleen, die uns heute noch Schatten spenden und erfreuen, hat er gepflanzt; leider haben schon viele Eichen auf Antrag der Garten- u. Feldbesitzer fallen müssen. Nordwestlich der Mühle, wo schattige Buchen ihre Äste über steile Abhänge breiten, war eine Fasanerie und hinter der Seenkette nach der Sawischen Grenze der sogenannte »Tiergarten« für Damhirsche angelegt.

  • Nicht sehr entgegenkommend zeigte sich Krause der Gemeinde gegenüber. Die Ablösungen bei der Separation (u.a. Flurbereinigung) haben viel Unwillen erregt, obgleich damals die Landsleute noch nicht so aufgeklärt und der Grundherrschaft noch fügsamer waren.
    Krause kaufte auch die Rittergüter Krämersborn und Steinbach an.

  • Ende der 1850er Jahre erbaute der alte Oberforstmeister seiner jungen, aus den einfachsten Verhältnissen stammenden zweiten Frau das Schlösschen auf dem Berge, dem Herrenhaus im Tal gegenüber. (Diesen Bau leitete der später so berühmt gewordene Baumeister Licht; es soll seine Prüfungsarbeit gewesen sein. Nach der Tagesarbeit hat er abends in der Mühle oft das Tanzbein geschwungen.)
    Das Schlösschen auf dem Berge war mehr eine große Villa als ein Gutshaus. Von 1933 bis 1945 betrieb darin die Familie Ruppnow ein Cafe und eine Pension für Sommergäste. Auf alten Ansichtskarten erscheint es als „Pauls Villa“, „Villa Beensch“ oder „Pension Grieseltal“.
    Dieses Gebäude steht heute nicht mehr. Es wurde 1971 bis 1973 abgerissen. Das Material des Licht-Baues und mehrerer weiterer Grieseler Häuser verwendeten die Polen hauptsächlich für die Anlage einer festen Straße mit Betondecke zum Kalksee und zur dortigen Badeanstalt.

  • Schloss
          Das Schlösschen auf dem Berge

  • Nach dem Tode des Oberforstmeisters lebte dann seine junge Witwe in diesem Schlösschen bis zu ihrem Tode im Jahre 1888 in stiller Zurückgezogenheit, geachtet und beliebt in der Gemeinde, Dort, wo das Schlösschen erbaut wurde, stand vorher ein Gasthof mit einem langen Fuhrstall für die durchreisenden Krämer.

  • Die Herrschaft ging nach dem Tode des Oberforstmeisters 1862 an seinen Sohn über, den königlichen Regierungsrat Krause, der bis dahin in Steinbach wohnte. Leider starb der eifrige Förderer des Eisenbahnprojektes schon 1864 und seine Witwe soll sich bei den Verhandlungen über die Führung beider Bahnlinien (Berlin-Posen und Breslau-Stettin) ablehnend verhalten haben. Das war ein großer Nachteil für den aufblühenden Ort.

  • Frau Klothilde Krause war eine hochmütige Frau (vielleicht verbittert durch den Tod ihres einzigen Kindes). Sie hat wenig Liebe gesät und geerntet, hatte wohl auch nicht die richtigen Berater und Beamten. Die Glashütte ließ sie eingehen, wodurch Griesel viel verlor; auch die Landwirtschaft kam ganz herunter.


Im Zentrum dieser Schilderungen stand der weitblickende, tatkräftige und wirtschaftlich erfolgreiche Oberforstmeister Krause, der in der Mitte des 19. Jahrhunderts dem Dorf u. a. durch eine Brennerei, eine Brauerei, eine Ziegelei und eine Glashütte einen bescheidenen Wohlstand bescherte. Seine Erben erwiesen sich als weniger tüchtig.

In den 1880er Jahren versuchte dann ein neuer, tüchtiger Beamter, das Gut hochzubringen, was natürlich viel Geld erforderte. Die Besitzerin hatte aber wohl den Mut verloren. Dadurch konnte 1888 Fürst Leopold von Hohenzollern-Sigmaringen das Gut kaufen und zum Jagdsitz machen. Doch das kurze Wirken Krauses prägte Griesel bis zum Ende der deutschen Tage und teilweise noch heute.

 


  • Griesel unter den Fürsten von Hohenzollern-Sigmaringen

Schloss
      Fürst Friedrich von
Hohenzollern-Sigmaringen

Ab 1888 beeinflusste die fürstlich Hohenzollernsche Verwaltung mit Hauptsitz im fernen Sigmaringen als weitaus bedeutendster Arbeitgeber unmittelbar wie mittelbar das wirtschaftliche Leben in Griesel.

Allein das fürstliche Forstamt umfasste eine Fläche von 5250 ha, die in sechs Reviere, davon zwei am Ort, aufgeteilt war. Hinzu kamen die Äcker und Wiesen des Gutes.

Dem Fürsten Leopold, der 1888 den stattlichen Besitz kaufte, folgte Fürst Wilhelm, der um 1927/28 starb. Dessen Erbe war der Fürst Friedrich, der dann regelmäßig und letztmalig 1938 in den Kreis Crossen kam. Danach wehte die Hohenzollern-Fahne nicht mehr auf dem Jagdschloss Griesel.

Fürst Friedrich, der etwa von 1885 bis 1954 lebte, war mit der Prinzessin Margarete von Sachsen, der ältesten Tochter des letzten sächsischen Königs Friedrich August III., verheiratet. Er hatte einen Zwillingsbruder, Prinz Franz-Josef, gleichfalls mit einer Sachsen-Prinzessin verehelicht, der auch regelmäßig als Jagdgast im Osten der Mark Brandenburg weilte.

Die Grieseler und Beutnitzer, insbesondere die Forstbeamten, hatten die Hohenzollern übrigens mit „Königliche Hoheit“ anzureden, nicht - wie es bei Fürsten normal vorgeschrieben war - mit "Durchlaucht“.

 


  • Das Grieseltal mit seinen Teichen

Schloss
      Am Arianer Teich

Es war das schönste Bachtal in der Mark Brandenburg. In dieser AusfIugsregion finden noch heute Erholungsuchende die weitgehend unberührte Natur in wohltuender Abgeschiedenheit und Stille. Für Wanderer und Naturliebhaber ist die Region – neben dem Schlaubetal - immer noch ein Geheimtipp.

Die Griesel, auf alten Karten auch Grieselfließ genannt, ist ein kleiner Bach im äußersten Osten des Kreises Crossen und Wanderern als eine Perle der märkischen Landschaft wohlbekannt. Der Name Griesel wird abgeleitet von Gerinnsel - ob mit Recht, bleibe dahingestellt. Das Wort bezeichnet jedoch treffend den Charakter des Grieselfließes, das in einer großen Anzahl kleiner Quellen aus dem amphitheatralisch gestalteten Berggelände innerhalb des Dorfes Griesel seinen Ursprung hat.

Der innere Kessel des Quellgebietes ist einige Morgen groß und stellenweise nur flach mit Wasser bedeckt. Der von den kleinen Quellen aus der Tiefe heraufgeschwemmte feine Sand hat im Laufe der Zeiten eine feste Schicht gebildet.

Schon Bekmann schreibt in seiner „Historischen Beschreibung der Chur und Mark Brandenburg usw.“ im Jahre 1751 über die Griesel: „Mitten im Dorfe Griesel entstehen in einem mit Sandhügeln umgebenden Grund viel tausend Quellen, und das aus diesem Umfang abfließende Wasser macht im Dorfe schon einen kleinen Fluss, die Griesel genannt, der bald eine Mahlmühle, zwei Schneidemühlen, eine unlängst neu erbaute Papiermühle treibet“.

An der Dorfschmiede bei der "Schmiedebrücke" vereinigen sich die Quellwässer zu einem schmalen Bach, dem eigentlichen Grieselfließ, das nun durch Wiesen und Wälder zu dem 7 km südlich gelegenen Dorf Krämersborn fließt. Die Griesel fließt in ihrem Verlauf nach Süden durch eine reizvolle Wiesenlandschaft, passiert mal dickes Gebüsch, mal sind es Wälder. Durch diese bahnt sich der Bach in vielen Windungen seinen Weg, um nach ungefähr 14 km bei Bindow in die Oder zu münden.

Unterwegs erhält der Bach von Ost und West aus weiteren Quellen und Gewässern des Hammer-, des Neuen- und des Schulzenteiches Verstärkung und treibt auf diesem Wege mehrere Mühlen. Die südlich von der ersten, der Vordermühle, gelegene Mittelmühle wurde die "Mordmühle" genannt, weil ihr Besitzer vor vielen Jahren ermordet und im Walde verscharrt gefunden wurde.

Weiter abwärts verbreitert sich das Grieseltal und geht in die Ebene des Warschauer Urstromtales über. An den Krämersborner Quellen haben wohl in früheren Zeiten die mit ihren Waren über Land fahrenden Krämer ihre Pferde getränkt und der Siedlung ihren Namen gegeben.

Bis Krämersborn hat die Griesel ein gutes Gefälle auf sandigem Grund und ist ein günstiges Laichgebiet für die Bach- und Regenbogenforelle. Daneben wimmelt es von Stichlingen, und einige Hechte versehen das Amt der Polizei. Das von der Griesel durchflossene Gebiet ist eine reizvolle und abwechslungsreiche Landschaft. Sie mutet fast paradiesisch an, wenn man von der mageren nördlich und westlich vorgelagerten Sandebene her ins Grieseltal eintritt.

 

Schloss
      Großer und Kleiner Kalkteich
Schloss
      Griesel - Grenzteich

Etwa 1 km abseits des Dorfes Griesel, östlich vom Grieseltal, liegt der bis 23 m tiefe Kalksee mit seinem klaren, durchsichtigen Quellwasser.

Der Abfluß verläuft in südlicher Richtung und speist eine Reihe von Karpfenteichen: den Seeteich, den Zeidelteich, den Metschteich und den kleinen Kalksee.

Eine zweite Reihe von Teichen - Grenzteich, schwarzer Teich, Quellteich und großer Kalkteich - hat ihren Ausgang kurz unterhalb des Kalksees, von diesem durch eine hohe Bergbarriere getrennt.

Diese Teichkette verläuft ebenfalls in südlicher Richtung und vereinigt sich beim Blockhaus Krämersborn mit dem kleinen Kalkteich, dessen Abfluß durch den Langen Halsteich in den Schneideteich geht. Im Grieselfließ vereinigen sich die Gewässer beider Teichtäler.

 


Das Blockhaus am großen und kleinen Kalkteich wurde nach einem Entwurf des Waldbesitzers, des Fürsten von Hohenzollern-Sigmaringen, in Anpassung an den Landschaftscharakter aus Holz mit Rohrbedachung erbaut. Es war zunächst als Unterkunft gedacht.

Einige Jahre wurde in ihm eine kleine Gastwirtschaft betrieben, was zwar von den Wanderern sehr begrüßt wurde, aber doch den Nachteil hatte, dass es mit der feierlichen Ruhe des Waldes vorbei war und das Wild sich verzog.

Das Blockhaus ist leider dem Kriege zum Opfer gefallen.
Schloss
      Blockhaus
In den zahlreichen Teichen des Grieselgebietes wurde Karpfenzucht betrieben.

Die Karpfen liebten zwar die kalten, aus Quellen gespeisten Teiche nicht sehr und wuchsen nur langsam, waren aber im Geschmack von hervorragender Qualität und wurden von Kennern bevorzugt.

Nach dem Abfischen der Teiche im Herbst ging das Ergebnis an den Großhandel, wobei aber der Weihnachtskarpfen für die einheimisdie Bevölkerung reserviert wurde.

 


  • Der Maler   Hubertus Lehner   (17.04.1907 - 22.10.2006)   -   wurde in Griesel geboren

Die folgende Kurzbiografie verdanken wir seiner Tochter Annette Brown, die in den 2000er Jahren in unserem „Heimatblatt“ mehrere Beiträge veröffentlichte.
Weitere Details zum Leben und zu seinem Gesamtwerk finden interessierte Landsleute im Internet unter dem Suchbegriff: „Hubertus Lehner“.

Aufgewachsen im elterlichen Forsthaus in Griesel, machte Hubertus Lehner später sein Abitur in Schwiebus und studierte anschließend in Wien, Breslau, Düsseldorf und Berlin Philosophie und Kunst. Dabei hatte er berühmte Lehrer wie Alexander Kanoldt (1881 - 1939, einer der Hauptvertreter der »Neuen Sachlichkeit«), Otto Mueller (1874 - 1930, Mitglied der bekannten Künstlergemeinschaft »Brücke«), Georg Tappert (1880 - 1957, er gründete eine Kunstschule in Worpswede, war 1910 Mitbegründer und Organisator der »Neuen Session« in Berlin) und Erich Heckel (1883 - 1970, Mitbegründer der »Brücke« in Dresden).
 
 
 

Nach dem Examen arbeitete Lehner bis zum Krieg in Jastrow, Kreis Deutsch Krone, an der Staatlichen Oberschule für Knaben und Mädchen und war dort auch Heimleiter des Internats. Mehrfach im 2. Weltkrieg verwundet, kam er 1946 aus der Gefangenschaft zurück.

Nach Kriegsende unterrichtete er bis zur Pensionierung an einem Gymnasium in Uetersen, Schleswig-Holstein. In unzähligen Ausstellungen im In- und Ausland wurden seine Bilder gezeigt. Hauptsächlich ländliche Motive, die seine Verbundenheit mit der verlorenen märkischen Heimat deutlich dokumentierten, wie Tierdarstellungen und Szenen bäuerlichen Lebens bestätigten, dass Hubertus Lehner die geistigen Brücken zur Heimat nie abgebrochen hatte.

Eine Augenerkrankung machte es ihm leider in seinen späteren Jahren unmöglich, weiterhin zu malen.

 

Neben seiner Malerei war Hubertus Lehner auch ein bekannter Literat. Nachfolgend auszugsweise seine Erinnerungen an die Schulzeit in Griesel.

"Die Lehrer damals waren zum Teil ausgediente Feldwebel, die die "Technik" des Lehrens in einer Präparandenanstalt erworben hatten und fortan nicht mehr auf dem Kasernenhof, sondern in der Schule für Ruhe und Ordnung zu sorgen hatten. Man muss es ihnen lassen: Sie hatten neben ihrem Unterricht Zeit für vieles: Gewaschene Hände, geputzte Zähne, gekämmte Haare - alles wurde beiläufig kontrolliert.

Griesel - Schule
      Griesel - Schule

Und da wir unseren Schulraum nicht mit Holzpantienen betreten durften - die standen wohlgeordnet draußen im Flur - wurden auch die Löcher in den Strümpfen gesehen!
Jeden Sonnabend scheuerten wir den Holzrahmen unserer Schiefertafel blitzblank. Ordnung musste sein…. Und die war auch in den meisten Dorfschulen, die einklassig waren, notwendig.

Wie in den guten Stuben der Bauernhäuser war der Fußboden mit weißem Sand bestreut, der in der Schule täglich erneuert wurde. In der Stubenecke stand ein weißer Spucknapf, den wir Kinder zum ersten Mal kennenlernten und der schon deshalb unser Interesse weckte. Auf dem hohen Pult, das dicht an der Türe stand, lag ein gelber Rohrstock, vor dem wir Kinder von den Eltern schon lange gewarnt worden waren. Doch unser alter Lehrer benutzte ihn höchst selten.

Seine Lehrmethode war, an den heutigen Verhältnissen gemessen, zwar primitiv, aber was er beibringen musste, das "saß". Und wenn man bedenkt, dass in einem Klassenzimmer alle Schulkinder eines Dorfes oder zumindest drei oder vier Jahrgänge auf einmal unterrichtet wurden, dann muss ich diesem Lehrer alle Anerkennung zollen!

Es gehörte dazu ein bestimmtes System: Zunächst vollkommene Ruhe! Er nahm in einem Jahrgang neuen Stoff durch, die "Großen" beaufsichtigten die anderen. Die Vorbereitung des Lehrers für den Unterricht war auf die Verhältnisse abgestimmt. Der Stoff wurde nach Fragen und Antworten aufgegliedert. Alle Antworten oder Fragen der Schüler, die im Stoff nicht weiterführten, wurden als nicht fördernd nicht beachtet. Einerseits natürlich ein Hindernis für die kindliche Phantasie, andererseits aber wurde die Stunde nicht zerredet, wie das heute vielfach der Fall ist.

(Hubertus Lehner)


  • Infrastruktur - mit Ortsplan

Einwohnerbuch 1926
      Einwohnerbuch 1926
Mbt
      Ortsplan Griesel 1945

Griesel war ein Dorf im Kreis Crossen mit ca. 480 Einwohnern. Für Griesel liegt dem Webmaster ein Ortsplan mitzugehörigem Häuserverzeichnis vor.
Dieser vom Landsmann H. Pfeifer entworfene Ortsplan wurde durch Annette Brown dem Webmaster übergeben

Außerdem verfügen wir noch über das "Einwohnerbuch des Kreises Crossen/Oder - Ausgabe 1926".
Im folgenden werden einige Angaben aus diesem Einwohnerbuch von 1926 nur kurzgefaßt wiedergegeben:

   •   Die Hausnummern gingen bis 79
   •   Es gab 124 Haushalte,
   •  18 Einträge als Bauern,
   •  18 Einträge als Häusler.
   •  13 Einträge als Arbeiter.

An der oberen Dorfstraße gab es damals noch das Kolonialwarengeschäft Hermann (vorher Treuherz).
Bei der Kirche am Pastorgarten das Kurz- und Schreibwarengeschäft Jagode.
Außerdem waren noch die Gasthöfe von Stielow und Hauch im Ort.

Für interessierte Leser, die im Einwohnerbuch nach ihren Vorfahren suchen,ein kleiner Hinweis:

1. Doppelklick auf das Einwohnerbuch oder Ortsplan von Griesel (Rechts) → das Einwohnerbuch oder Ortsplan wird geöffnet.
2. Danach sollte man die Schriftgröße im Einwohnerbuch entsprechend verändern: (bei gedrückter Strg-Taste ist das Mausrad zu drehen!)

 


  • Schreckliche Ereignisse 1945 in Griesel

Am Abend des 30. Januar 1945 betraten die ersten Russen das Dorf Griesel. Niemand hatte es verteidigt, keine Kämpfe haben dort stattgefunden, kein einziger Schuss war gefallen. Als die Soldaten mit dem roten Stern anderntags weiterzogen, hatten sie »ganze Arbeit« geleistet. In einem wahren Blutrausch waren sie über die Bevölkerung des Dorfes hergefallen und brachten jeden auf bestialische Weise um, der ihnen in die Hände fiel.

Nachdem sie sich an ihren Mordtaten berauscht hatten, hielten sie nach weiteren Opfern Ausschau. Es bereitete ihnen ungemein Spaß, Menschen zunächst Angst einzuflößen, dann auf sie eine Treibjagd wie bei einem Stück Wild zu veranstalten und sie schließlich umzubringen, als köpften sie ein Huhn auf dem Holzklotz.

Doch der Blutdurst der Russen war noch immer nicht gestillt. Sie sahen sich bereits wieder nach weiteren Opfern um. Mehrere jugendliche Mädchen verbluteten nach zahlreichen Vergewaltigungen.
Obwohl nicht die geringsten Kampf-Handlungen um Griesel stattgefunden haben, traten folgende Verluste innerhalb der Zivilbevölkerung ein:

 A 31 Einwohner von den Russen erschossen oder zu Tode gequält
 B   7 Einwohner durch Freitod geendet - sie konnten nicht mehr den Anblick ihrer gequälten Mitbürger ertragen
 C   8 Einwohner Von den Russen verschleppt und verschollen - sie alle kehrten niemals wieder zurück
 D   7 Einwohner nach der Vertreibung im Lager Lübben gestorben
 E 22 Einwohner auf der Flucht umgekommen bzw. in Griesel verhungert

Die Gesamtzahl der unmittelbaren Kriegsopfer (in den Heimatgrüßen des Jahres 1956 alle namentlich genannt) aus dem zivilen Sektor von Griesel betrug also 75, mindestens ein Viertel der in jenen Tagen ortsansässigen Bevölkerung.

 

Der damals 10jährige Erhard Hendschke erinnert sich an diese schlimme Zeit; er beschrieb sie im „Heimatblatt“ von 2004 wie folgt:

Der Winter 1944/45 brachte viel Schnee und starken Frost. Ende November gab es Winterferien, die Schule sollten wir nie wieder betreten. Die Flüchtlingstrecks wurden immer mehr und nahmen kein Ende. Anfang Januar war Griesel ein Flüchtlingslager. Im Schloss, in den großen Gutsscheunen - überall Flüchtlinge.
Anfang bzw. Mitte Januar hörte man Kanonendonner in der Ferne. Die Kinder sangen: »Bumderum, der Russe kumm«, ohne zu wissen, dass die Panzer auch bald hier sein würden.

Am 30. Januar 1945 war es dann so weit. Ein Tag vorher gingen der Bürgermeister, der Ortsgruppenleiter und einige andere Männer durchs Dorf, um die Leute zu beruhigen. Erinnern kann ich mich an folgenden Wortlaut: »Wir haben gerade telefoniert, die Russen werden aufgehalten. Wir bleiben geschlossen hier.«
In der folgenden Nacht zogen auch sie die Flucht vor. Wie sich später herausstellte, waren am anderen Telefonende schon Russen gewesen.

Am 30. Januar 1945 fielen die Russen in Griesel ein. Um 22:00 Uhr klopfte es an unserer Haustür. Ehe meine Mutter öffnen konnte, flog dieselbe samt Halterung in den Hausflur. Dies weiß ich nur vom Erzählen. Ich wurde erst um Mitternacht wach. Überall lagen Gestalten herum und ich fragte verschlafen: »Was ist los?« Meine Mutter antwortete; »Einquartierung.« Darauf ich: »Deutsche?« Schnell hielt sie mir den Mund zu, und da wurde ich hellwach.

Durch die Fenster war zu erkennen, dass es im Dorf brannte. Die in unsere Scheune lagernden Russen hatten mitten auf der Tenne ein Feuer entfacht. Die Scheune hat es überstanden. Am nächsten Tag war der Schnee fast weggetaut. Die alten Leute sprachen von der »Roten Pest«. Jede Nacht und am Tag waren Feuer zu erkennen und es wurde oft geschossen.

Im Oberdorf wurden die meisten Bauernhöfe niedergebrannt; im Unterdorf das Pfarrhaus, die Gastwirtschaft von Rudolf Stielow, die Revierförsterei, das Feuerwehrhaus und die Traktorengarage des Gutes, Weiterhin die beiden großen Straßenscheunen (in denen auch Flüchtlinge unbekannter Zahl verbrannten) und der angrenzende Kolonialladen von Jagode.

Das größte Drama spielte sich in der ehemaligen Brennerei ab. In einer Wohnung der »Brennerei« fanden die Russen Gewehre. Daraufhin wurden die in der Wohnung anwesenden Menschen in den Keller getrieben. Das Gebäude brannte aber schon an mehreren Stellen. Ein Junge, Hans Hamanski, versteckte sich hinter der Haustür und konnte dann im Rauch des brennenden Gebäudes fliehen. Die übrigen Bewohner des Hauses wurden im Keller erschossen.

Bei uns hatte sich ein Politoffizier mit seinem Gefolge einquartiert. Heute möchte ich behaupten, das war unsere Lebensrettung. Denn so oft andere Russen im Haus erschienen und uns mit im Anschlag gehaltener Kalaschnikow bedrohten, schickte der Offizier sie weg.

Als die Russen, welche nach den Worten Stalins als Befreier nach Deutschland gekommen waren, das Dorf Griesel wieder verließen, war es untergegangen. Die zunächst gemarterten und dann getöteten Menschen gerieten in Vergessenheit, nichts erinnert heute an ihr Dasein, so als hätte es sie niemals gegeben.

 


  • Griesel - heutige Situation

Im heutigen Griesel gibt es viele die sich für die deutsche Geschichte des Dorfes interessieren. Seit 2013 betrieben sie die Seite griesel-gryzyna.eu, auf der viel interessantes Bildmaterial, Erinnerungen von deutschen wie auch polnischen Bewohnern usw. zu finden war. Momentan scheint die Seite leider nicht mehr zu funktionieren.
Im Juni 2013 wurde das alte Kriegerdenkmal, das der Oberförster Wilhelm Lehner am alten Arianerteich hatte errichten lassen und das nach 1945 umgestoßen worden war, in einer internationalen Gemeinschaftsaktion wieder aufgerichtet, nun sind die Namen der Gefallenen wieder gut lesbar.

Auch um den alten deutschen Friedhof hat man sich liebevoll gekümmert und das Gefundene dokumentiert.

Mbt
      Chronik des Dorfes Griesel
Im Jahre 2014 organisierten einige Dorfbewohner ein besonderes Treffen:

„Zwei Landschaften” -
eine Ausstellung der Bilder von Hubertus Lehner und Jozef Burlewicz

Es war ein Treffen mit den ursprünglichen Dorfbewohnern und Annette Brown, Autorin des Buches über Griesels Geschichte.
Historische Spurensuche – sowie Mal- und Zeichenkurse - für die Kinder waren im Programm. Volkstanzkurse und das Konzert der Gruppe Janusz Prusinowski Trio waren die Höhepunkte.

Die Ziele der Veranstaltung waren:
ein Wiedererleben eines gemeinsamen polnisch – deutschen historischen Gedächtnis der Ortschaft.
Ein Suchen nach den Wurzeln, einer historischen und kulturellen Identität der heutigen Einwohner,
eine Einladung für die Kinder und die Jugend zur gemeinsamen Entdeckung der Vergangenheit des Gebietes, in dem sie heute leben.
Eine Verbesserung der polnisch-deutschen Kontakte, eine Diskussion über Themen, die bis vor kurzem nicht angesprochen werden konnten.

Große Unterstützung bei der Bearbeitung dieses Web-Auftritts von Griesel bekam der Webmaster von der Hobbychronistin Annette Brown. Sie half bereitwillig, lieferte viele Details - Vielen Dank!

Für all jene, die gern mehr über die Dorfgeschichte von Griesel erfahren möchten:
Wenden Sie sich bitte an Annette Brown     (Suchbegriff bei Google: Annette Brown Chronik )
Noch sind einige Exemplare der "Chronik" bei ihr erhältlich.

  Änd 28.01.2020
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