mit den drei Städten
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Deutsch Nettkow liegt 21 km östlich von Crossen.
Von Crossen fährt man zuerst auf der Chaussee in Richtung Schwiebus.
Nach etwa 12 km (bei Rädnitz Glashütte) biegt man rechts ab auf die Chaussee nach Züllichau.
Nach weiteren 9 km - es wurde das einstige Schifferdorf Bindow durchquert - wird Deutsch Nettkow erreicht.
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Deutsch Nettkow hatte bei der letzten Volkszählung im Jahre 1939
998 Einwohner und gehörte zum Amtsbezirk Deutsch Nettkow.
Es war das viertgrößte Dorf im Kreis Crossen/Oder. Es wurde 1937, d.h. in der Hitlerzeit, in “Straßburg/Oder” umbenannt.
Deutsch-Nettkow und die Oderdörfer in Richtung Osten
Deutsch-Nettkow
Im Osten unseres Kreises liegt inmitten prächtiger Oderwiesen das etwa 1000 Einwohner zählende Dorf Deutsch Nettkow.
Der Ort zeichnet sich durch schöne breite Straßen aus, an denen schmucke Häuser und hohe Bäume stehen. In der Hauptstraße wohnen
zahlreiche Gewerbetreibende. Man hat manchmal den Eindruck, als ob man sich in einer Kleinstadt befindet, zumal auch Arzt,
Zahnarzt und Apotheke nicht fehlen. Tatsächlich war auch Deutsch Nettkow einmal Stadt.
Im Glogauer Register von 1305 wird "Villa Necka" genannt. Aber niemand weiß, ob damit Deutsch-Nettkow oder das jenseits der
Oder gelegene Polnisch-Nettkow gemeint ist.
Die erste noch nachweisbare Urkunde über Deutsch-Nettkow ist der Kaufbrief, in dem 1433 Heinrich, Herzog in Schlesien, Herr
zu Glogau und Crossen, an die Gebrüder Friedrich und Christoph von Waldau sein Städtichen Teutschen Netkow verkauft hat.
In der Alten Kirche, die 1704 einer neuen weichen musste, befanden sich Holztafeln; auf einer war Fredericus de Waldow 1463 erwähnt,
auf der anderen der Tod eines Waldow vom Jahre 1456 beschrieben.
1511 belehnte der Große Kurfürst die Rothenburgs mit den Gütern Beutnitz,
zu Teutschen und Polnischen Netkow. Seit dieser Zeit gehörte Deutsch-Nettkow für einen Zeitraum von rund 250 Jahren zum Besitz
der Familie von Rothenburg, und es blieb in ihrem Besitz bis 1788.
Im 30jähr. Krieg sank der Ort in Trümmer und seitdem auch zu einem Dorfe herab - es war also kein Städichen mehr.
Nach 1700 ist Deutsch-Nettkow nur noch ein Flecken sein Besitzer ist der Landrat Alexander Rudolf von Rothenburg, der mit dem
Obersten und dem General Rotenbourg (im Elsaß) zusammen auch Polnisch-Nettkow in Händen hat.
In der Klassifikation 1718/19 wird Deutsch Nettkow wie folgt erwähnt (siehe ----> ):
Besitzer vom Deutsch Nettkow war der Landrat von Rothenburg.
Es gab im Dorfe 8 Ritterhufen, 24 Bauernhufen and und 13 ⅓ Gärtnerhufen:
• 24 Bauern mit je 1 Hufe.
• 30 Gärtner.
• 26 Büdner, davon 18 nicht benamt.
• 1 Kornmühle mit einer Hufe.
• 1 Schneidemühle mit einer Hufe..
Der Boden ist mittelmäßig. Es wird besonders hervorgehoben, dass Weide und Viehzucht in trockenen Jahren gut sind.
Das Fischen in der Oder war schon damals verboten; nur in einem Nebenfluss durfte man mit einem Hamen fischen.
Der Viehbestand auf 1 Bauernhufe war: 2 Pferde, 3 Ochsen, 11 Rinder, 6 Schweine, 6 Gänse.
Im Jahre 1788 erwarb der Herzog Peter - von Kurland und Sagan - den reichen Besitz.
1800 kam die Herrschaft an die Tochter des Herzogs, Pauline Marie Luise
von Hohenzollern-Hechingen , von dieser an ihren einzigen
Sohn, der infolge der politischen Wirren 1848 auf seine Erblande zugunsten Preußens verzichtete und sich auf seine schlesischen
Güter zurückzog. Er starb am 3. September 1869 auf Schloß Polnisch-Nettkow und wurde auch dort beigesetzt. Mit ihm erlosch
die Linie des Hauses Hohenzollern-Hechingen im Mannesstamm. Er hatte aber einen Sohn aus der Ehe mit der Freiin Amalie Schenk
von Gagern, der den Besitz weiterführte und den Namen und Titel des Grafen von Rothenburg übernahm.
Im Bratring 1806 wird Deutsch Nettkow wie folgt erwähnt:
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Deutsch Nettkow war im Jahre 1806 ein Gutsdorf. Es hatte 1806:
• 114 Feuerstellen und 715 Einwohner
• 24 Ganzbauern.
• 29 Ganzkossäten und 9 Halbkossäten
• 39 Büdner und 35 Einlieger (Mieter, die Tagelöhner waren)
• 2 Rademacher, 1 Schmiede, 2 Krüge, und 1 Wassermühle.
• 1 Förster
Als Besitzer wird die Frau Erbprinzessin v. Hohenzollern-Hechingen genannt.
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Da um 1800 auch 24 Bauern vorhanden waren, kann man annehmen, dass schon um 1200, als das Dorf wie viele andere im Osten durch
deutsche Zuwanderer aus dem Westen gegründet wurde, 24 Bauern angesetzt worden.
In der “Topografischen Übersicht des Reg.Bez. Frankfurt/Oder” aus dem Jahre1844 erscheint:
♦ Deutsch Nettkow: ein Dorf mit einem Vorwerk, 1 Fährhaus und 1 Wassermühle.
♦ Im Jahre 1840 hatte Deutsch Nettkow 148 Wohngebäude und 808 Einwohner.
♦ Die Kuhmelkerei hatte 1 Wohngebäude und 7 Einwohner.
♦ Die Geldeschäferei hatte 1 Wohngebäude und 6 Einwohner.
Für das Jahr 1852 werden genannt: Deutsch Nettkow = Dorf u Gut in Besitz von
Fürst von Hohenzollern-Hechingen mit folgenden Einwohnern:
Name | Einwohner |
Deutsch Nettkow | 986 |
Geldeschäferei | |
Kuhmelkerei | 5 |
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Im Berghaus “Landbuch der Mark Brandenburg”
aus dem Jahr 1854 wird kein Besitzer genannt.
Es wird darin erwähnt, daß das Gut von Johanni 1847 bis dahin 1859 für 2400 Taler verpachtet wurde.
Deutsch-Nettkow ist ein Dorf mit Rittergut und bestand aus 1 Vorwerk, 1 Wassermühle, 1 Fährhaus an der Oder, und den abgesondert
liegenden Anlagen Gelder-Schäferei und Kuhmelkerei.
Nach dem Tod von Graf von Hohenzollern-Hechingen 1869 übernahm sein Sohn Friedrich Wilhelm Karl Graf von Rothenburg das Eigentum.
Ein weiterer Nachfolger war Friedrich Wilhelm Konstantin Graf von Rothenburg. In den 1930er Jahren gehörte es dem
minderjährigen Eitel Friedrich Graf von Rothenburg.
- Die Kirche in Deutsch Nettkow
D.-Nettkow: Kirchenaltar
Es existierten Aufzeichnungen des Fabrik-Dirigenten Franz Alexander Constantin Schuchard aus dem Jahre 1890. Dieser war der
Sohn des Pastors Karl Wilhelm Schuchard, der von 1829 bis 1878 in Deutsch-Nettkow amtierte. Der Pastor Schuchard ließ seinen
Sohn 1868 allerlei Eintragungen aus alten Kirchenbüchern usw. zusammenstellen, um diese Aufzeichnungen bei einer anstehenden
Erneuerung des Kirchturmknopfes in diesen zu legen. Nachdem ein Brand am 3. Juli 1878 das Gotteshaus und seine Bibliothek
vernichtet hatte, entschloß sich Franz Alexander Constantin Schuchard, geschrieben niederzulegen, was ihm über die Geschichte
seines Heimatortes im Gedächtnis geblieben war.
Das evangelische Pfarrerbuch für die Mark Brandenburg weist für Deutsch-Nettkow und das zugehörige Bindow ab 1558 Pfarrer aus.
Es dürfte also im 16.Jahrhundert und wahrscheinlich auch schon zu katholischer Zeit vor der Reformation dort eine Kirche gegeben haben.
Das erste Mal lesen kann man von einem Gotteshaus aber erst in Nachrichten aus der Zeit nach dem 30jährigen Kriege.
Es hieß damals, daß die Kirche aus Holz gebaut und sehr baufällig ist. Sie war ein Blockhaus mit hölzernem Turm, in dem drei Glocken hingen.
Sogar eine Turmuhr soll schon vorhanden gewesen sein. Im Inneren befanden sich Tafeln mit alter Mönchsschrift, die Nachricht
von den ehemaligen Besitzern des Ortes, den Herren von Waldau, gaben. Von diesen haben dann die Grafen von Rothenburg das Gut erworben.
Widersprüchlich sind die Nachrichten darüber, wann der Bau der nächsten Kirche stattfand. Paul Kupke schreibt von einem Kirchenneubau im Jahre 1704.
F.A, C. Schuchard aber registrierte, daß 1731 zweimal ein großes Schadenfeuer in Deutsch-Nettkow wütete und daß beim zweiten
Brand Kirche und Schulhaus in Asche gelegt wurden. Wen von beiden ein Irrtum unterlief oder ob ein zwischenzeitliches Kirchengebäude
von 1704 bis 1731 bestand, ist bislang unklar.
Kirche in Deutsch Nettkow -- wie wir sie kennen
Kirche in Deutsch Nettkow h e u t e -- ohne Turmspitze
Jedenfalls fand von 1731 bis 1733 ein Neubau statt, den der damalige Gutsherr,
Graf Alexander Rudolph von Rothenburg, sehr förderte. Dieser bestimmte als Grundrißform der Kirche ein Achteck, schickte den
Zimmermann Jakob Schmollke-Lagotz nach Berlin, um von einem dort befindlichen Pavillon das Muster zu nehmen, und gab das Material für den Neubau.
Wahrscheinlich ist das Gotteshaus der Jahre 1733 bis 1878 also ein barocker Zentralbau und entsprechend prächtig ausgestattet gewesen.
Der Gutsherr schenkte dieser Kirche auch die Orgel, die Turmuhr und zwei Glocken. Die größere davon zersprang 1810 und wurde
1829/30 auf Veranlassung des frisch ins Amt gekommenen Pastors Schuchard umgegossen.
Sie galt als ein Meisterstück der Glockengießerkunst. Auf der einen Seite war sie mit einem schön modellierten Christuskopf
und einem Spruch, auf der anderen mit einer Inschrift versehen, die auf den Stifter hinwies. Die kleinere Glocke trug das
Wappen derer von Rothenburg, ebenfalls eine Schenkungswidmung und die Jahreszahl 1733.
Der Pfarrer Bardt (auch Barth geschrieben), der bis 1734, also noch bei der Einweihung der Barockkirche in der Gemeinde Deutsch-Nettkow
wirkte, stiftete für das Gotteshaus einen silbernen Abendmahlskelch.
Die 1733 fertiggestellte Kirche muß 145 Jahre bestanden haben. Den Schuchardschen Aufzeichnungen ist zu entnehmen, daß der
Pastor Schuchard 1878 in den Ruhestand ging und daß 14 Tage später ein großes Feuer ausbrach, wodurch fast das ganze Dorf
mit Kirche und Schulhaus vernichtet wurde.
Es entstand dann in den 1880er Jahren eine neue Kirche im historisierenden Mischstil
(gotische Turmform, aber mit Rundbogenfenstern).
In den “Kunstdenkmälern der Provinz Brandenburg - Kreis Crossen” steht über die Deutsch-Nettkower Kirche folgendes geschrieben:
Sie ist ein in den 1880er Jahren errichteter Backsteinbau mit einem von zwei quadratischen Seitenbauten flankierten apsisartigen Ausbau
auf der Westseite - und einen der anderen Schmalseite vorgelegten, reicher gegliederten Turm.
In der Deutsch-Nettkower Kirche fehlt heute noch der Turmhelm. Es soll angeblich im 2. Weltkrieg vom Blitz zerstört worden sein.
- Mühlen in Deutsch Nettkow
In Deutsch-Nettkow lag am östlichen Ortsausgang an der Chaussee Crossen-Züllichau, unmittelbar vor der Gemeindegrenze von
Klein-Blumberg die "Nettker Miehle" . Sie lag am
Birkholzer Wasser , das auch Mühlbockfließ oder nur Mühlbock genannt wurde.
Das Fließ, das in seinem Unterlauf schon mehr ein Fluss war, bildete hier den großen, von manchen als romantisch empfundenen
und von hohen Trauerweiden umgebenen Nettkower Mühlenteich, der auch zur Karpfenzucht genutzt wurde. Für die Schwäne gab es ein
eigenes Schwanenhäuschen.Im Winter wurde hier Schlittschuh gelaufen.
Das Birkholzer Wasser trieb etwas weiter nördlich im Kreis Crossen noch die Feder- und
die Roll-Mühle an und mündete dann südlich der Chaussee in die Oder.
Diese drei Kreis-Crossener Mühlen können auf eine lange Geschichte zurückblicken. Sie waren bereits um 1718, als im Königreich
Preußen ein neues Steuerkataster erstellt wurde, schon selbstständige, mit Bauernhöfen von Groß- und Klein-Blumberg verbundene Betriebe.
Ihre Gründung lag also lange vor diesem Zeitpunkt.
Bei dem großen Brand am 3l. Juli 1878 wurden in Deutsch-Nettkow 208 Gebäude, davon 79 Wohnhäuser vernichtet. Vielleicht wurde
bei diesem großen Feuer auch die ursprüngliche Mühle vernichtet.
Das etwa 200 Morgen große Anwesen wurde jedenfalls zu dieser Zeit von der Familie August Stahn gekauft.
Ab l880 wurden dann an Stelle der abgebrannten völlig neue und für die Gegend ungewöhnlich große Gebäude errichtet,
der Mühlteich wurde damals vergrößert. Stahns Mühle mit dazu gehörendem Sägewerk, Wirtschaftsgebäuden und Gutsbetrieb war danach
die größte Mahlmühle im Regierungsbezirk Frankfurt(Oder). Seit 1888 gehörte auch ein eigenes kleines Elektrizitêítswerk dazu.
Die Wasserkraft behielt aber für den Betrieb stets ihre wirtschaftliche Bedeutung.
Die beiden Bilder zeigen das imposante Mühlengebäude von der Wasserseite 1932. Die Deutsch-Nettkower werden sich noch gut an
diese großen Gebäude erinnern.
Im August l938 musste der letzte Besitzer Arthur Stahn sein ganzes Gelände an
den Militärfiskus abtreten. Das Gebiet wurde für Anlagen des sogenannten Ostwall benötigt.
Bereits seit 1934 wurden im gesamten Lauf des Birkholzer Wassers von der Wehrmacht militärische Sperrwerke und Überflutungsstreifen angelegt.
Der Stahn`sche Mühlenkomplex wurde vollständig abgerissen, der Mühlteich zugeschüttet und westlich des Fließes eine als Scheune
getarnte Bunkeranlage gebaut.
Damit verschwand schon vor dem Krieg unwiderruflich ein besonderes Stückchen Heimatlandschaft. Fast unnötig zu erwähnen,
dass diese Ostwallanlagen im Januar/Februar 1945 den Vormarsch der Roten Armee in keinster Weise bremsen konnten.
Die Familie Stahn zog damals nach Crossen, Silberberg 2, wo sie bis zur Vertreibung wohnte. Das ehemalige Wohnhaus von August Stahn,
dem ersten Mühlenbesitzer blieb in Klein-Blumberg erhalten.
Die Mühlen findet heute der Besucher nicht mehr. Stahns Deutsch-Nettkower Mühle fiel ja schon dem deutschen “Ostwall” zum Opfer.
Die Rollmühle und die Federmühle wurden beim Einmarsch der Roten Armee ein Raub der Flammen. Die Krebsmühle stand bis 1946.
Dort wurde damals auch noch gemahlen, Man riss sie aber dann aus dem Verfasser nicht bekannten Gründen ab.
Heute hat sich die Gegend total verändert. Wo einst betriebsame Mühlen am Birkholzer Wasser standen, wo Menschen wohnten und
arbeiteten, hat die Natur inzwischen das Gelände zurückerobert. Von diesen drei einstigen Kreis-Crossener-Mühlen ist so gut wie
keine Spur mehr zu sehen. Wo früher die Deutsch-Nettkower Mühle stand, führt heute eine nüchterne Straßenbrücke über das Birkholzer Wasser.
- Die “Oder” in Deutsch Nettkow - Hochwassernöte im Sommer die Fähre und eine Eisbrücke im Winter
Vor der Erfindung und Verbreitung von Telefon und Telegrafie haben sicherlich oft Hochwasser die Bevölkerung überrascht und
stärker als später Schaden und Not verursacht. Die Technik erleichterte etwas die Situation. Sie machte ein gewisses Maß an
Vorsorge von Fall zu Fall möglich.
Als dann in den 1920er Jahren die ersten Radioapparate aufkamen,
wurden im Sommer täglich um 11.30 Uhr die Wasserstandsmeldungen
des Breslauer Rundfunks gehört, um sie den Schiffern mitzuteilen. Ganz besonders wichtig für die gesamte Einwohnerschaft war das,
wenn ein starke Regenfälle bringendes Tief über Schlesien und den angrenzenden Ländern stand. Aus den Pegelständen in den
schlesischen Städten konnte man bei einiger Erfahrung Schlüsse ziehen, wann ein Hochwasser den Kreis Crossen erreichen und
wie hoch dann das Wasser steigen würde. Dabei war keineswegs nur der Wasserstand im weit stromaufwärts gelegenen Ratibor von Interesse.
Auch die Lage in den weiter abwärts gelegenen Orten hatte große Bedeutung, denn die Nebenflüsse, vor allem die Glatzer Neiße
und die Weistritz, führten der Oder große, oft lehmige Wassermengen zu.
Deutsch-Nettkow
bei Hochwasser
In der Regel erreichte eine erkannte Hochwasserwelle in drei bis fünf Tagen die
schlesisch-brandenburgische Grenze. Diese Zeitspanne galt es zu nutzen, vor allem dann, wenn ein Hochwasser kurzfristig vor
der Heu- oder Grummeternte kam. Für die heutige Generation dürfte es kaum vorstellbar sein, welche hektische, manchmal fast
an Panik grenzende Arbeitsaktivität dann in unseren Dörfern herrschte.
Jeder Haushalt hatte ja Vieh. Selbst jede Schifferfamilie hielt zumindest drei Ziegen, die im Jahr etwa eine Wagenfuhre Heu benötigten.
Deshalb hatte jeder Haushalt irgendwo ein Stück Wiese in Besitz oder gepachtet. Als Wiesen dienten vor allem die Deiche und
das in der Regel nicht überflutete Gelände zwischen diesen Schutzdämmen. Für die Fütterung des Viehs und damit die Ernährung
der Familien mußte jeder Grashalm genutzt werden.
Trat ein Hochwasser kurz vor der Heu- oder Grummeternte auf, so galt es, rasch alle Wiesen zu mähen und das Heu zu bergen.
Die wenigen ortsanwesenden Männer waren dann manchmal ununterbrochen fast 24 Stunden lang mit der Sense tätig.
Herrschten noch Trockenheit und hohe Temperaturen, so konnte das Heu bis zum Eintreffen des Hochwassers eingefahren werden.
Hatte sich das Tief aber bis zu uns ausgedehnt, war es feucht und regnerisch, dann mußte das Gras an höher gelegene Stellen
gebracht und zum Trocknen ausgebreitet werden. Ein Fuhrwerk dafür erhielt von den Bauern nur der, der auch sonst bei ihnen Arbeit
leistete. Im übrigen hatten die Landwirte ja auch selbst mit ihren Fuhrwerken zu tun. Diese Situation zwang zu vielen Abstimmungsgesprächen,
zum Bitten und zum gegenseitigen Verständnis und Entgegenkommen.
Viel Hektik ergab sich natürlich auch beim Fährbetrieb, lag doch ein großer Teil der Wiesen auf der dorfabgewandten Oderseite.
Stieg das Wasser schnell, mußte die Bohlenrampe manchmal stündlich umgebaut werden, damit der Fährbetrieb mit den Auf- und Abfahrten
der Gespanne möglich blieb. Auch in den Häusern selbst war vorsorgende Arbeit nötig. Fast alle Keller bedrohte steigendes Grund- und Drängewasser.
Wie bereits oben erwähnt, verkaufte Herzog Heinrich 1433 sein Städtchen Deutsch-Nettkow an die Gebrüder von Waldau,denen er
gleichzeitig das Recht verlieh, eine Fähre über die Oder anzulegen, obschon es die Stadt Crossen zu verhindern suchte.
Die Fähre dient mehr dem Lokalverkehr, Sie verbindet die Deutsch-Nettkower mit den Nachbarn in Schlesisch-, früher Polnisch-Nettkow,
mit denen sie jahrhundertelang unter einer Gutsherrschaft vereint waren.
Diese Fähre - mehrere Jahrhunderte in Betrieb - gibt es heute nicht mehr. Die Natur hat sich dort ausgebreitet. Der Weg dorthin
ist fast vollständig zugewachsen. Das Fährhaus existiert nicht mehr. Nur einige Mauerstücke liegen noch versteckt im Gebüsch.
Wenn im Winter die Oder zugefroren ist, wurde die Fähre oft durch eine Eisbrücke ersetzt.
Man wartete, bis das Grundeis im Oderstrom zum Stillstand kommt. Leider ist dann die Oberfläche des Eises auf der Oder sehr uneben.
Deshalb wurden damals neben der vorgesehenen Fahrbahn in bestimmten Abständen Löcher in das Eis gehackt. Durch diese entnahm
man Oderwasser, um die Eisdecke zu begießen. Die Tragfähigkeit wurde dadurch erhöht und man erhielt eine befahr- und begehbare Fläche.
Diese Verdickungs- und Einebnungsarbeit leistete der Fährmann mit seinen Helfern mehrere Male.
War das Eis dick genug, wurde es mit Sand abgestumpft, und es wurde die seitliche Fahrbahnbegrenzung mit Ruten abgesteckt.
Somit war die “Eisbrücke” fertig.
Solche Eisbrücken ersetzten die Fähre im Winter. Die Bauern nutzten diese einmalige Gelegenheit, um Mist auf die südlich der
Oder liegenden Felder zu bringen. Leider kommt es in der Gegenwart selten vor, daß die Oder eine so dicke und tragfähige Eisdecke hat.
- Ein Brand tobte 1878 in Deutsch Nettkow
Als ich in einer Chronik nach Angaben über die Überschwemmungen suchte, fiel mir auf, daß für unsere Vorfahren das Feuer eine
größere Plage als das Wasser war. An die ständigen Hochwasser hatten sie sich gewöhnt. Durch Dammbauten versuchten sie, die
Flutschäden in Grenzen zu halten. Die großen Schadenfeuer dagegen brachen überraschend und oft des Nachts aus. Zudem steckte
die Löschtechnik noch zu Beginn des Zeitalters der Industrialisierung in den Kinderschuhen, und es war die Ausrüstung der Dörfer
mit entsprechendem Gerät schwach. Kein Wunder also, daß es meist nicht beim Abbrennen eines Hauses blieb, sondern daß die Flammen
sich ausbreiteten und ihnen halbe und ganze Dörfer anheimfielen. Auf die vielen Brände im Laufe der Jahrhunderte ist es wohl
zurückzuführen, daß es in unseren heimatlichen Dörfern wenig historische Bausubstanz gab, daß Wohnhäuser, Scheunen und Stallungen
selten alt wurden.
Das Jahr 1878 war in der Geschichte von Deutsch-Nettkow eines der schwärzesten. In der Nacht vom 30. zum 31. Juli hatte ein
Landstreicher in einer Scheune übernachtet und diese in Brand gesteckt. Das Feuer breitete sich aus. 79 Wohnhäuser sowie l29
Scheunen und Stallgebäude wurden ein Raub der Flammen. Dazu gehörten auch die Kirche und die Schule.
Das hier gebildete Hilfskomitee half die größte Not zu lindern.
Gasthof Herbert Schulz |
Kaufmannsladen Junick |
Villa Schmolke |
Lehmanns Gasthof u. Brauerei |
Postamt in D.-Nettkow |
Kaufhaus Rosenthal |
- Deutsch Nettkow - Häuserverzeichnis
Für Deutsch Nettkow liegt uns leider weder ein Ortsplan noch ein Einwohnerverzeichnis vor. Als einzige noch verfügbare
Quelle verfügen wir über das "Einwohnerbuch des Kreises Crossen/Oder - Ausgabe 1926".
Die darin enthaltenen Angaben werden im folgenden nur kurzgefaßt wiedergegeben, denn Deutsch Nettkow war ein großes Dorf.
Es war ein echtes “ Schifferdorf ”.
In der Oderschiffahrt waren tätig:
• 17 Einträge als Schiffer,
• 3 Einträge als Schiffeigener,
• 2 Einträge als Steuermann,
• 1 Einträge als Schiffführer.
Deutsch Nettkow hatte in der ersten Hälfte des 20. Jahrh. eine gute Infrastruktur.
Die Hauptberufe der Bewohner waren neben der Landwirtschaft und der Schiffahrt die Handwerker.
Außerdem waren 15 Einträge mit einer Tätigkeit bei der Reichsbahn angegeben.
Ohne Anspruch auf Vollständigkeit wurden im Einwohnerbuch von 1926 genannt:
4 x |
Kolonialwaren |
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2 x |
Stellmacher |
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1 x |
Schneider |
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1 x |
Bäcker |
|
1 x |
Hebamme |
|
1 x |
Zimmermann |
|
2 x |
Tischler |
|
2 x |
Schuhmacher |
|
2 x |
Schmied |
|
7 x |
Maurer |
|
1 x |
Fleischer |
|
1 x |
Maler |
|
4 x |
Gastwirt |
|
1 x |
Apotheker |
|
1 x |
Sattler |
|
1 x |
Töpfer |
|
|
|
|
1 x |
Elektriker |
|
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